Fritz und Rene Bramer – Vater und Sohn sind dem Treckerfieber verfallen

Eigentlich konnte Rene Bramer nicht anders, als in des Vaters Fußstapfen zu treten. Von klein auf war er dabei, wenn Vater Fritz sich mit einem seiner vielen Trecker auf den Weg machte. Und der war manchmal sehr weit. So weit, dass ein Kofferanhänger, so wie ihn Erntehelfer als Pausenraum nutzen, mitgezogen wurde, darin – ein weiterer Trecker. Am Zielort, meist ein Treckertreffen irgendwo in der Lausitz oder jenseits der Neiße, in Polen, wurde entladen. Im Anhänger wurden jetzt Feldbetten aufgestellt, Kaffeemaschine und Tauchsieder ans Stromnetz angeschlossen – mehr brauchten beide nicht. Auch heute noch nicht. Inzwischen fährt Rene, Jahrgang 1978, schon allein zu den Treffen oder hat den Vater als Beifahrer dabei. Man kennt sich in der Szene, begrüßt sich bei jedem Treffen und ist sofort in Fachgespräche verwickelt. Das eine oder andere nicht selbst benötigte Ersatzteil ist auch immer dabei. Treckerfans tauschen lieber, als dass sie etwas verkaufen oder kaufen. Beide Bramers lieben die alten russischen Traktoren, wie den Belarus MTS 50 oder den Waldimirez T25. „Das ist solide Russentechnik, unkaputtbar. Wenn doch mal was passiert, dann kann ich das meist allein reparieren. Ansonsten wissen wir, wer solche Teile hat“, erzählt Fritz Bramer. Bramers bevorzugen diese Traktoren, die in der ehemaligen Sowjetunion vor Jahrzehnten hergestellt wurden, weil sie ein kleineres Fahrerhaus haben. „Damit kommen wir besser im Spreewald besser zurecht, wir beleiben nicht an jeden Zacken (Spreewälder Mundart für Ast) hängen“, erklärt Fritz Bramer. Er hatte sich das Ziel gestellt, einmal alle in der DDR gelaufenen Traktoren auf den Hof zu stellen. Bei nun neun Stück ist doch erst mal Schluss, Zwangspause. „Die Zulassung und der TÜV kosten viel Geld, da halten wir nur zwei oder drei straßentauglich vor“, so Rene Barmer. Die anderen werden immer mal wieder gestartet drehen eine Hofrunde, denn „was rastet, das rostet“. Das Ziel halten beide dennoch fest im Auge…
Geld spielt bei solch einem Hobby eine große Rolle. Die Dieselpreise und die Fahrten zu den Treffen verursachen Kosten. Ihr rollendes Hotel haben sie zwar dabei, aber vor Ort entstehen dann doch noch weitere Kosten. Und Geld ist knapp bei den beiden. Fritz Bramer ist Jahrgang 1954 und nach einem schweren Verkehrsunfall Invalidenrentner, sein Sohn ist ebenfalls nicht ganz gesund und sucht noch eine passende Arbeit. „Aber wir können uns fast selbst versorgen“, verkünden beide voller Stolz. Wiesen und Felder umgeben das ohnehin schon riesige Grundstück, darauf zahlreiche Enten und Gänse. Der Hofhund patrouilliert immer mal wieder durch die gefiederten Mitbewohner und passt auf sie auf.  In einer so naturnahen Umgebung und ohne Zaun, weckt das Geschnatter Begehrlichkeiten bei Fuchs und Co.
Bei sich selbst bringen sie vollmotorisiert die Ernte ein, und auch bei den Nachbarn wird geholfen – an Technik dafür mangelt es den Bramers nicht. Zweckmäßigerweise ist jeder Traktor mit einem Gerät gekoppelt. Renés Lieblingstrecker, ein Selbstbau, trägt den Schwadleger. An diesem Tag muss er ohnehin noch ins Heu. Den Trecker anlassen wie ein Auto und davontuckern, geht aber nicht. Rene holt eine Zündlunte und einen Schraubenschlüssel. In eine Zylinderöffnung (der Trecker hat nur einen Zylinder) gibt er die Lunte und schraubt alles wieder ganz fest zu. „Wenn der Falschluft zieht, kriege ich den nie an“, erklärt Rene Bramer sein etwas aufwendiges Vorgehen. Mit der Kurbel dreht er schwungvoll den Motor an. Erst beim dritten(!) Versuch kringeln sich lautstark schwarze Rauchwolken aus dem Auspuff. Zweimal musste er vorher die Lunte wechseln. „Vielleicht zu nass, vielleicht zu wenig Anpressdruck – wer weiß“, lässt er verlauten. Ihm scheint es nicht sonderlich wichtig zu sein, wann der Motor startet. „Er startet immer – nur wann, ist nicht immer genau vorherzusehen.“
Fritz Bramer erlernte den Beruf eines Agrotechnikers in Sielow, war dann bei der LPG in Burg tätig und dort praktisch für alles, was Räder und einen Motor hat, mitverantwortlich. Nach der Wende kam es dort zu Umstrukturierungen und Geschäftsfeldveränderungen. Fritz fuhr nun mit einem Kleintransporter vom Typ Barkass Blumen aus der Burger Gärtnerei zu den Kunden. Bis zu dem verhängnisvollen Tag, als sich der schwere Unfall ereignete. Schwerstverletzt musste er fast ein Jahr genesen. Seine volle Arbeitskraft hat er nie mehr erlangt, er wurde erwerbsunfähig. Inzwischen hat er auch noch einen Schrittmacher bekommen und kann keine schwere Arbeit mehr verrichten. Muss er auch nicht, denn das Trecker fahren ist ja „eine sitzende Tätigkeit, die mir Spaß bereitet“, sagt er, der den Humor trotz allem nicht verloren hat. Er liebt seine Trecker über alles, kennt deren Stärken und Schwächen. Fast liebevoll geht er mit ihnen um: Hier noch mal eine Schraube nachziehen, da die Ölleitung abdichten und dort mit dem Putzlappen den Staub abwischen. „Trecker kann man abschalten, die Frau nicht“, erklärt er seine Liebe zur Technik. „Aber lassen Sie das nicht meine Frau hören!“, schiebt er noch nach und weiß zugleich, dass da nichts mehr zu retten ist. Seine Frau ist aber sehr verständig für die Hobbys ihrer Männer, sie nimmt den Satz nicht sonderlich ernst. In einem neuen Burger Hotel ist sie in der Küche beschäftigt und zu verschiedenen Zeiten außer Haus. Daheim kümmern sich die beiden Männer und manchmal auch noch Sohn Mario, wenn er von der Arbeit kommt. Der 1975 Geborene hat es nicht so mit den Treckern. Er liebt die 1-PSer. Seine drei Pferde stehen auf der hausnahen Koppel. Futter zu beschaffen ist für die anderen Bramers kein Problem. Viel zu gern werfen sie ihre Traktoren an.

Peter Becker/peb1, 15.08.13


 

 

Alle Originale