Andrea Bunar - die neue Postfrau auf Lehder Fließen
Seit Saisonbeginn 2012 fährt Andrea Bunar nun den gelben Postkahn durch das Spreewalddorf Lehde. Die 41-Jährige löste Jutta Pudenz ab, die fast 20 Jahre jeden Sommer lang die Dorfbewohner mit Post versorgte. Andrea Bunar kommt aus Görlitz, verzog aber schon als Kind mit ihren Eltern in die Niederlausitz. Sie wohnt heute in Briesen bei Cottbus. In ihrem kleinen traditionsbewussten Dorf ist ihr alles Wendische ganz nah, sie begeistert sich für Trachten und das Brauchtum. Ihr Sohn lernt in der Schule Sorbisch. Seit 25 Jahren trägt sie schon an verschiedenen Orten die Post aus - und nun erstmals mit einem Spreewaldkahn, der zugleich eine schwimmende Filiale ist. Die Lehd’schen geben ihr ihre Post mit, ab und zu verkauft sie Briefmarken oder berät die Kunden. Bei der Gelegenheit gibt es dann auch mal das eine oder andere Schwätzchen übers Wasser. Viel Zeit hat sie nicht, denn die 81 Haushalte müssen pünktlich versorgt werden. In jeder Saison stakt die Postfrau etwa 1100 Kilometer durch Lehde, täglich 19 Kilometer. Vormittags ist sie mit ihrem Auto in der Lübbenauer Altstadt unterwegs. Im Sommer quillt Lübbenau aus allen Nähten, überall sind Touristen per Rad oder Auto unterwegs - für die Postfrau oft kein leichtes Durchkommen. „Das ist manchmal richtig stressig. Aber ich freue mich dann schon auf meinen Nachmittagsjob. Bin ich erst mal auf dem Kahn, kehrt sofort Ruhe ein - ich habe meinen Traumjob gefunden“, erzählt sie voller Stolz. Andrea Bunar gehört mit dem Zustellerkollegen im Wattenmeer und einem Bergsteiger zu den außergewöhnlichsten Briefträgern in Deutschland. Für ihre Vorgängerin Jutta Pudenz ist sie schon früher mal vertretungsweise eingesprungen und wusste schon, was sie zu erwarten hat. Andrea Bunar hat sich inzwischen daran gewöhnt, die meistfotografierte Postfrau der Welt zu sein. Täglich klicken Hunderte Male die Apparate der Touristen, beinahe wöchentlich steht sie Reportern und TV-Teams Rede und Antwort. Nicht gewöhnen kann sie sich an die vielen Hunde der Lehd’schen. Beinahe an jedem Briefkasten wartet einer auf sie. „Inzwischen geht das schon, wir kennen uns langsam, aber Respekt habe ich immer noch“, erzählt sie. Die „Spreewaldtaufe“, den Fall ins Wasser, hat sie noch nicht bekommen, bisher ist sie immer trocken geblieben. Andrea Bunar: „Aber was nicht ist, wird schon mal werden, haben mir die Fährleute erzählt. Nur wer mal in der Spree gelegen hat, ist auch ein richtiger Spreewälder.“ Insgeheim hofft sie natürlich, dass sie davon verschont bleibt. Überhaupt sind es die Fährmänner, die ihr so manchen Tipp geben und ihr auch mal übers Wasser helfen. „Gelegentlich kann ich mir Wege über viele Grundstücke ersparen, die Fährleute setzen mich einfach mal am anderen Ufer ab“, zeigt sie sich dankbar. Dieser Service ist besonders dann von Vorteil, wenn sie ihren Kahn zum Saisonschluss im Bootsschuppen verschlossen hat und zu Fuß durch Lehde gehen muss. Allerdings: „Gleich am ersten Tag der ‚Fuß-Saison‘ musste ich ein schweres Paket zum entlegensten Gehöft tragen - und diesmal war leider kein Kahn in Sicht!“ Andrea Bunar nimmt ihren Zustelldienst sportlich: „Auf dem Kahn sind die Arme dran, das nächste halbe Jahr halt dann die Beine!“
Die Lehd'schen haben zwei Briefkästen, einen wasser- und einen straßenseitigen. Manchmal bekommen sie nicht mit, welche Seite von nun an bedient wird. „Da schauen wir die ersten Tage halt in beide Kästen“, erzählt Hans-Joachim Bülow, der hinter der Alten Schule wohnt. Er ist des Lobes voll: „Die Neue macht ihr Ding genau so gut, wie ihre Vorgängerin. Sie kennt die Ablegestellen für die Pakete und nimmt auch immer unsere Post mit, wenn wir einen Zettel an den Briefkasten kleben. Sie kommt dann extra an Land und ins Haus - sehr löblich!“ Gleichzeitig macht er seinem Ärger über die anderen Zustelldienste Luft: „Immer wieder neues Personal, die finden uns nicht und lassen die Pakete irgendwo. Letztens musste ich mir meines in der Neustadt abholen!“ Andrea Bunar hört das Lob an ihre Adresse schon nicht mehr, denn sie ist schon wieder über eine der zahlreichen lehd’schen Brücken zum nächsten Kunden unterwegs. „Der werden wir zu Weihnachten mal ein kleines Dankeschön zukommen lassen“, blickt Hans-Joachim Bülow verschmitzt der Frau in Gelb hinterher.
Peter Becker, 09.08.12
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