Sauerbier und Überraschungskinder
Das Wendisch-Sorbische ist Christa von frühester Kindheit an vertraut. Die 1952 im ostsächsischen Gablenz bei Weißwasser Geborene erlebte noch die Sprache der Großeltern, selbst Vater Herbert, ein Mundglasbläser, konnte sich noch gut darin verständigen. Besonders die in dieser Region intensiv gepflegten Osterbräuche sind Christa noch gut in Erinnerung. Auch in der Schule wurde Sorbisch unterrichtet, „aber ich habe nach zwei Jahren dieses Wahlfach nicht mehr besucht, ich war wie alle Schüler etwas bequem und wollte den Nachmittag nicht auch noch in der Schule verbringen. Heute bereue ich diesen Schritt“, bekennt Christa freimütig, „denn immer wenn ich die Tracht anhabe und hier auf unserem Hof die Gäste begrüße, möchten Sie auch mal einen Satz in Wendisch hören – und da muss ich leider passen!“
Doch nach Schulbesuch und Lehre traten andere Dinge in ihr Leben. Das junge lebenslustige Mädchen negierte zwar nicht die Traditionen, aber es war auch nicht mehr das Wichtigste. Als Chemielobarantin im Glaswerk Weißwasser fand sie eine gute Stelle, wechselte aber dennoch 1970 in das Kraftwerk Boxberg über. „Hier wurde man eher mit Wohnraum bedacht und so bekamen wir auch bald in der Neustadt eine moderne Wohnung zugeteilt.“ Christa heiratete, qualifizierte sich zum Meister und zur Schichtleiterin und alles schien in geordneten Bahnen zu verlaufen – bis zur Ehescheidung. Das junge Glück währte nicht lange, und Christa wollte ihr Umfeld mit den vielen Erinnerungen und Enttäuschungen hinter sich lassen und einen Neuanfang, beruflich wie privat, wagen. Da fiel ihr eines Tages eine Kontaktanzeige auf: Der Mann hatte die gewünschte Körpergröße, war alleinstehend mit einem Kind und lebte im Spreewald. „Das müsste man einfach mal wagen, hier scheint alles zu stimmen, da nehme ich mal Kontakt auf!“ Es folgte eine Zeit des Briefeschreibens, auch ein erstes Treffen wurde vereinbart. Als Frau „mit Erfahrung“ fuhr sie aber schon eine Woche vor dem vereinbarten Termin nach Leipe: „Ich wollte den Mann einfach mal im Alltag überraschen, mir so einen ungeschminkten Blick auf den möglicherweise Zukünftigen erlauben“, erklärt die aus Erfahrung Klug gewordene. „Ich bin nicht enttäuscht worden! Es war zwar nicht alles aufgeräumt, die Wiese nicht gemäht und das eine Kind war nur das Minderjährige, es gab da noch die bereits erwachsenen Geschwister, aber Günter konnte so charmant und entwaffnend lächeln…“
Mit dem Umzug nach Leipe und der Eheschließung 1988 folgte auch eine neue Arbeitsstelle im ORGREB-Institut in Vetschau und bald darauf eine Sekretärinnenzeit beim Leiper Bürgermeister. „Da hab ich die Leip’schen kennen gelernt, denn ich musste ja bei denen zu Hause das Vieh und die Eier zählen – da haben sich interessante Einblicke ergeben…!“ Aber diese Zeit währte nicht lange, die politische Wende brachte für beide erst mal die Arbeitslosigkeit und damit die Frage, wie es weiter gehen sollte. „Die bei uns am Hof vorbei fahrenden West-Urlauber brachten uns auf die Idee, es doch mal mit der gastronomischer Betreuung zu versuchen. Unser Hof hatte ja eine ideale Lage, er war am Ende der Straße gelegen, die als Radweg weiter nach Lübbenau führte.“ Dieser Gedanke gefiel ihnen und für 3000 DM Anzahlung wollte man in Westberlin einen Kiosk erwerben. „Den Kiosk haben wir nicht und das Geld nie wieder zu sehen bekommen – unsere erste Westerfahrung“, regt sich Christa noch heute auf. Dennoch entwickelte sich aus der Idee heraus so nach und nach ein Anziehungspunkt für Touristen, mit Gaststätte, Paddelbootverleih, 30 Unterkunftsbetten. „Die ersten Urlauber schliefen noch auf dem offenen Dachboden, die sanitären Einrichtungen teilten sie sich mit uns. Als Gegenleistung führten sie uns in das Buch-und Finanzwesen ein, erklärten uns die Mehrwertsteuer und halfen uns bei der Beschaffung preisgünstiger Waren“, berichtet Christa über die Anfangsjahre. Ehemann Günter, der in all den schwierigen Jahren nie den Mut und den Humor verlor, war eine wichtige Stütze. Dem ersten Gast aus Bayern, der ein Weißbier wollte, konnten sie nicht befriedigen, sie wussten gar nicht was das ist. „Das ist ein trübes, leicht säuerliches Bier“, wurden beide vom Gast aufgeklärt. Günter Buchan wollte ihm aus den Restbeständen einer regionalen Brauerei Bier verkaufen, denn das kam der Beschreibung am nächsten, was aber der Bayer nach einer Kostprobe dann doch dankend ablehnte. „Solche Geschichten erzählen wir uns immer wieder und täglich kommen neue hinzu“, fügt Christa an. Der „Spreewaldhof“ erfreut sich ständig steigender Gästezahlen, beschäftigt viele Mitarbeiter und hat in der Region einen guten Ruf erlangt. Christa Buchan weiß, dass sie alles richtig gemacht hat: „Ich bin im Spreewald angekommen, ich werde akzeptiert und ich bringe mich im Vorstand des Lübbenauer Tourismusvereins ein, bin auch im Vorstand des Leiper Fördervereins – und stolz darauf, als Wendin anerkannt zu sein. Und irgendwann belege ich noch mal einen Sprachkurs!“
Zander in Spreewaldsoße (Der Zander ist der Fisch des Jahres 2011!)
Für edle Kreationen ist ein guter Fischfond unverzichtbar (Rezept für 4 Personen):
1 Liter Wasser |
|
½ Liter Bier (Pilsner) |
|
2 große Zwiebeln |
|
1 Lorbeerblatt |
|
5-6 Körner Piment |
|
¼ Teelöffel Weißer Pfeffer |
|
1 Esslöffel Salz |
|
„Abfälle“ von verschiedenen Weißfischen, Hechten, Forellen und auch Köpfe und Schwanzstücke vom Zander – wie vorhanden |
Die Zwiebeln grob schneiden, alles zum Kochen bringen. Nach ungefähr 15 Minuten und leisem Köcheln ist der Fond fertig. Die Brühe abseihen, ein Spitzsieb in einem Topf hängen, mit einem Passiertuch auslegen und den Fond einschöpfen – gut ablaufen lassen. |
1 Zander |
portionieren und säubern, mit |
Zitrone |
beträufeln und im Fond ziehen lassen. Nach ca. 8 bis 10 Minuten ist der Fisch fertig und wird auf eine vorgewärmte Platte gestellt. |
|
|
Für die Spreewaldsoße werden
500 ml Saure Sahne oder Schmand |
|
500 Milliliter süße Sahne |
und |
2 Esslöffel Mehl |
mit einander verrührt. Unter langsamen Erhitzen und ständigem Rühren den heißen Fischsud beigeben. Das Mehl verkocht dabei und eine sämige, wohlschmeckende Soße wird erreicht. |
|
|
Der Fisch kann nun auf vorgewärmtem Teller mit der Fischsoße und etwas brauner Butter angerichtet werden, empfehlenswert sind Petersilienkartoffeln und als Garnitur Zitrone. Dazu reicht man Spreewälder Gurkensalat, der mit saurer Sahne, etwas Zucker und Dill angemacht wird.
Peter Becker, 30.11.10
|