Christine Clausing

Hotel Zur Bleiche Resort & Spa, Burg

 

Christine, das jüngste Kind des Filmmusikers und Komponisten Artur Sedlmayr und seiner Frau Gerda, wurde 1964 in München geboren, machte dort später ihr Abitur und studierte. Der weitere Weg schien vorgezeichnet: Christine Sedlmayr wird wohl nach ihrem Studium auch in ihrem geliebten München bleiben wollen. Lange Zeit sah es auch danach aus. Ihr Studium finanzierte sie zum großen Teil selbst, denn ihre Eltern waren dazu nur bedingt in der Lage. Der Vater war nebenbei als Versicherungsmakler tätig, das Komponieren allein ernährte die Familie mit drei Kindern nicht. Christine unterbrach auch mal ihr Studium, um ein Jahr als Stewardess zu arbeiten. „Die sehr unregelmäßigen Zeiten, die Art der Arbeit an sich, waren auf Dauer nichts für mich – und ich bekam immer größere Flugangst!“, blickt sie heute auf das „Geldbeschaffungsjahr“ zurück. Wieder im Studium, jobbte sie für eine Münchner Konzertagentur. Sie war dort Mädchen für alles, verkaufte Karten, klebte Plakate und betreute Künstler. Das Wirtschaftsdiplom 1991 in der Tasche, lernte sie Heinrich Michael Clausing kennen. Ihre ältere Schwester war Geschäftsführerin für die sogenannten TOP-Hotels, ein Marketingverbund führender Hotels in Garmisch-Patenkirchen, zu dem auch das Clausings Posthotel gehörte. Der Zufall führte sie und weitere Freunde in einen Münchner Biergarten zusammen. Später, der Kreis wurde immer kleiner, bis er nur noch aus zwei Personen bestand, fragte Heinrich, was man mit dem Abend noch so anfangen könnte. „Frühstücken in Venedig!“ entfuhr es Christine ganz spontan, sich dabei an eine Filmszene erinnernd. So kam es zum ersten gemeinsamen Ausflug der beiden, später folgten noch weitere Reisen. Beide durchquerten die USA von Ost nach West und wieder zurück. Diesmal schon nach einer gemeinsamen Zukunft Ausschau haltend. Es ergab sich aber nichts, und so allmählich begann sich beider Blicke auf Deutschlands Osten zu richten.

Der Osten gerät ins Visier

Christine wollte durchaus auch mal eine andere Großstadt näher kennenlernen, Heinrich Michael Clausing interessierte sich für die Berliner Wurzeln eines Teils seiner Familie. Ein Heinrich Clausing hatte 1880 die „Berliner Weiße mit Schuss“ erfunden. Christine Sedlmayr fand bei der Treuhand in Berlin eine Anstellung als Referentin für die Abwicklung von Schwerstfällen, ihr Partner verblieb noch einige Zeit in München.
Beide hielten immer wieder Ausschau nach einem Objekt, welches ihnen zusagte, in das sie ihre ganze Kraft zu stecken bereit waren. Aus der Hotelbranche sollte es sein, da kannten sie sich aus. Der Potsdamer Cecilienhof stand zum Erwerb, hier legten sie alle Hoffnungen hinein, der sollte es werden. Aber den Zuschlag bekamen andere, dieser Traum zerplatzte. Ein Freund gab ihnen den Tipp, es doch mal im Spreewald zu versuchen. „Spreewald? Was ist das, wo ist das?“ entfuhr es Christine spontan. So langsam griff der Gedanke bei beiden Raum, es doch mal zu wagen, sich wenigstens mal einen Überblick über die völlig unbekannte Region so unweit Berlins zu verschaffen. Irgendwie landeten sie eines Tages beim Bootshaus Conrad, mieteten das einzige Ruderboot (warum, kein Paddelboot, bleibt bis heute unklar!) und machten sich in das Labyrinth der Gewässer auf. Nichts zu essen, nichts zu trinken dabei, keine ordentliche Karte – ihr erster Ausflug ging gründlich daneben. Später saßen sie hungrig auf der Terrasse der „Bleiche“, genossen ein heimisches Weizenbier und begannen plötzlich von der Schönheit der Landschaft zu schwärmen. Alles Ungemach Stunden vorher war vergessen. Plötzlich wussten sie, dass hier ihre Zukunft liegt. Als ehemaliges FDGB-Heim zählte die Gaststätte zum Sondervermögen der Treuhand und stand zum Verkauf, wie bald in Erfahrung gebracht wurde. Und sie kann zum Verkehrswert gekauft werden. Beide erworben erst einmal sämtliche Pächteranteile und kauften nun als alleinige Pächter die Gaststätte. Der Kaufpreis kam der Gemeinde Burg zugute, entsprechend der damaligen Rechtslage für den Umgang mit Sondervermögen. Seit dem 1. April 1993 ist die „Bleiche“ wieder vollständig in Privatbesitz.

Neuanfang mit Rückschlag

Umbauarbeiten konnten beginnen, die Pläne dafür hatten beide in den Monaten davor ausdiskutiert und erarbeitet. „Uns war klar, dass wir uns abheben wollen und müssen, wenn wir auf Dauer erfolgreich sein wollen. Der Wellnessgedanke, damals ein noch ganz zartes Pflänzchen, setzte sich fest.“ Christine Clausing blickt zurück: „Der Spreewald ist voll Wasser, hat aber kaum eine Bademöglichkeit. Mit einer Landtherme wollten wir eine neue Badekultur schaffen, abseits vom kühlen Charme der rein zweckmäßig wirkenden Schwimmbäder.“ Als plötzlich aus den USA die Wellnesswelle nach Europa überschwappte, waren Clausings vorbereitet. Weihnachten 1997 war es soweit: Der Gast badete im warmen Wasser, genoss statt Bier am Rand Kräutertee, naschte vom gesunden Obstteller und ließ sich anschließend noch massieren oder ruhte sich bei sphärischen Klängen in einem der idyllischen Räume aus. Überregionale Tageszeitungen wurden aufmerksam; die Bleiche lieferte plötzlich das Bild zur neuen Wellnessidee. Es sprach sich rum, das Hotel wurde bestens gebucht – bis zum schicksalshaften 10. September 2003. Ein Brand vernichtete die Landtherme. Wenn auch die Feuerversicherung einen großen Teil der Wiederaufbaukosten übernahm, so mussten Clausings schmerzhaft spüren, was es heißt, wenn eine Versicherung sehr genau darauf achtet, dass aus Brandschaden kein Brandnutzen entsteht. Der in Teilen veränderte Neubau ging in dieser Hinsicht voll auf die Kosten der Besitzer.
Das Hotel lebt heute von seinem ausgezeichneten Ruf. Mehrmals wurde es ausgezeichnet (Deutschlands Hoteliers des Jahres, Guide Michelin: 3 "rote Häuser" und ein Stern u.a.). Nun, in etwas ruhigerem Fahrwasser, ist auch mehr Zeit für die Inhaber, sich umzusehen und sich für die Region noch stärker als bisher zu engagieren. 2002 wurde die Spreewälder Kulturstiftung ins Leben gerufen, als Dank an den Spreewald, der beide gut aufgenommen hatte. Seit 2007 vergeben sie in Zusammenarbeit mit der Spreewälder Kulturstiftung ein Literaturstipendium. Junge Literaten bekommen vier Mal im Jahr für vier Wochen die Gelegenheit, im Haus kostenfrei zu wohnen und zu essen. Vier Mal müssen sie dann allerdings Lesungen abhalten, ihre Werke müssen den Spreewald widerspiegeln. Die Künstler werden so zu Multiplikatoren für die Region.
Christine Clausing, seit 1995 verheiratet und inzwischen Mutter von drei Kindern, engagiert sich seit 2005 im Förderverein der Burger Schule. Obwohl ihre Kinder schon Gymnasien außerhalb Burgs besuchen, ist sie immer noch dort die Vorsitzende und setzt sich für die Belange der Schule ein. Sie ist eine Frau, die die Arbeit sieht und die sich auch ganz vorn anstellt, wenn es um Veränderungen geht. In diesem Kontext ist auch ihre Arbeit als Vorsitzende des Burger Tourismusvereins zu sehen. „Wir müssen gemeinsam etwas bewegen, nicht jeder für sich“, lautet ihr Credo. Besonders deutlich ist in der jüngsten Zeit in Engagement für den Verein Klare Spree e.V. „Es kann nicht sein, dass unsere Geschäftsgrundlage, das Wasser, regelrecht davonschwimmt. Dem muss Einhalt geboten werden!“ Die viel beschäftigte Frau findet erst ihre Ruhe beim Spaziergang mit „Polli“, dem Appenzeller Sennenhund. Ab und zu bleibt auch (erstaunlicherweise) Zeit fürs Lesen und Reisen. Gern gehen beide auch mal zu Kollegen im Spreewald essen – nur um sich mal umzuschauen und um den Blick fürs Ganze, für den Spreewald zu schärfen.

Peter Becker/peb1, 18.02.14

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