Christa Dünnbier

Christa Dünnbier, Neuzauche

  • Mundart
  • Trachtenschneiderin

Von einem Kahn, der machte was er wollte und von einer Jugend im Spreewald

„Nu was flenns’te ma‘ schon wieda, kannst ja mit’s Road heeme foahrn!“ Die so von ihrem Vater angesprochene dreizehnjährige Christa war froh, nicht noch einmal die Strecke mit dem Kahn fahren zu müssen. Vater Karl arbeitete im Forst und machte bei Gelegenheit hier und da mal Grünfutter für seine Tiere im heimischen Stall. Christas Aufgabe war es, ihm den Kahn zu bringen und „der machte mit mir was er wollte, besonders bei Wind wurde ich immer wieder ans Ufer gedrückt – es war zum Verzweifeln“, erinnert sie sich noch heute an die Zeit um 1950. Für Kinder war es  völlig normal, die Eltern in der Landwirtschaft zu unterstützen. „Besonders schwer war es für uns, das Heu zu zweit von den Puschwiesen auf Stangen zum Kahn zu tragen, da konnte man noch nicht mal ‚ne Mücke totschlagen, da wäre der ganzen Haufen runtergefallen!“ Aber dafür -wie als Ausgleich für einen arbeitsreichen Alltag- gab es die Höhepunkte im dörflichen Leben, die Traditionsfeste. In Neu Zauche sind sie es immer noch. „Wir haben seit 1953 immer Fastnacht gefeiert, niemals gab es eine Unterbrechung“, weiß Christa zu berichten. Und sie kann es auch belegen: Seit Jahren sammelt sie alte Fotos und Dokumente und führt ihre kleine private Dorfchronik. An das Jahr 1953 kann sie sich gut erinnern, denn „endlich 16 geworden, durfte ich und die anderen Gleichaltrigen zum ersten Mal am Zapust teilnehmen. Wenn wir nicht vorher irgendwie aufgefallen waren, denn unser Jugendwart achtete sehr auf gutes Benehmen. Den Selbstgebrannten haben wir trotzdem heimlich getrunken, wir waren früher auch nicht besser“, kann sich Christa milde lächelnd erinnern. Sie weiß auch noch, dass die Mädchen den Jungen die Eierkuchen backen mussten, die Kartoffeln schälten und zur Gaststätte brachten und wie sie den erzamperten Speck beim Fleischer in Gulasch eintauschten, für das gemeinsame Essen nach dem Umzug.
Christa Dünnbier wuchs in einer Umgebung auf, in der Trachtentragen selbstverständlich war – und auf Mädchen ohnehin einen besonderen Reiz ausübte. „Ich zog immer heimlich Großmutters Trachtenteile an, durfte mich aber nie erwischen lassen, denn diese Stücke waren kostbar und mussten geschont werden.“ Es erwuchs ihre Liebe und Verbundenheit zur Tradition. Erst in späteren Lebensjahren fand sie endlich wieder die Zeit, sich den Trachten, dem Wendischen und auch der Neu Zaucher Mundart zu widmen. Ihre zwei kleinen Büchlein zeugen von dem eigenartigen Sprachgemisch aus wendischen und deutschen Begriffen.
Mit anderen Frauen begann sie nach der politischen Wende Trachten für eine Neu Zaucher Kindergartengruppe zu nähen und Tänze einzustudieren. Nicht nur das: Sie selbst traten bald in den verschiedensten Trachten und zu verschiedensten Anlässen auf. Die Frauen wurden zu Festen in die alten und neuen Bundesländer eingeladen und zeigten die Schönheit der Spreewälder Tracht und Kultur. In der Trachtengruppe „Nowa Niwa“ (niederwendisch für Neu Zauche) haben sie ihre Organisationsform gefunden. Christa Dünnbier gehört zum ganz aktiven Kern der Gruppe, die seit Jahren um die 20 Mitglieder zählt. Sie sind es auch, die täglich in der Heimatstube Dienst tun - jeder an einem bestimmten Wochentag.
Ihre Bodenständigkeit hat Christa sicher auch der Tatsache zu verdanken, dass sie ihr Elterngrundstück nie verlassen hat. Aus ihrer Ehe mit Richard ging 1956 Sohn Armin hervor, der ihr zwei Enkelsöhne, die inzwischen selbst auch schon drei Kinder haben, bescherte: „Mein ganzer Stolz, nun darf ich auch die Oma sein und den Kinder unsere schönen wendischen Traditionen zeigen!“ Viel Zeit verbringt sie auch mit der Vorbereitung der Feste, wie etwa dem Schnitterfest in Kaminchen. „Da müssen immer wieder Trachteile und besonders die Arbeitstracht aufgebessert werden, denn wir wollen ja vor den Gästen einen guten Eindruck machen.“
An lauen Abenden sitzt sie gern auf der Bank am Goldfischteich und schaut dann ab und zu mal zum Storchennest auf. „Mein Mann hatte das mal vor vielen Jahren aufgebaut, die Störche nehmen es auch regelmäßig an. Die vielen Windräder und die Starkstromleitungen, die in den letzten Jahren in Horstnähe entstanden, scheinen die Tiere wohl nicht zu stören. Aber ob das alles so gut ist?“ Zweifelnd blickt sie immer wieder hinüber.

Peter Becker, 22.06.10


Großmutters Fleisch-Spar-Rezept: Kohlrouladen mit Reis


1 Weißkohlkopf

einige Blätter davon brühen.

2 Tassen Reis

kochen und quellen lassen.

1 mittlere Zwiebel

kleingeschnitten in

125 g Margarine

andünsten, dazu

300 g  Hackepeter

reinbröseln und anbraten, mit

Salz, Pfeffer

abschmecken, den Reis untermischen und dann alles portionsweise in die Kohlblätter geben und mit Fäden zu Rouladen wickeln. In

100 g Bratfett/Margarine

die Rouladen von beiden Seiten anbraten und dann fertig dünsten. Kohlrouladen mit

Petersilie

garnieren und ohne Kartoffeln servieren.

 

 

Was gibt’s zu Mittag? – Ein Mundartbericht aus Neu Zauche

Een tag woar ich bei Fleescha e´gang, wusste aber noch goar nich was ich kochen soll.
Drinne seh ich ma so alles an und denke machste heite Broatwurscht oder Klopse. 
Kommt doch Anne in Loaden e´prellt und schreit schon an Tire, Karle gib ma blos schnell
zwee Kottletts Lorberblatt und Ewürzkörnchen kochen schon. Doa denke ich ma was will die blos fa neimodsches Zeich kochen, sowas oabe ich ja noch goar nich ehört. Aber ich wusste denne was ich kochen tue, Kottlett mit Mohrüben und Erbsen dazu Salzkneedel
und bisschen Kürbiskompott. Wie man sieht woar denne das Mittagbrot erettet.
Christa Dünnbier

 

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