Wendebiografien wurden schon einige geschrieben. Mit größerem zeitlichen Abstand werden sie allerdings immer geschichtsträchtiger, bedeutender. Besonders dann, wenn die Betroffenen zum Wendezeitpunkt vor dem Einstieg ins Studentenleben stehen. Die 16 jährige Jana erlebte die Wendezeit als Schülerin in einem Haushalt ohne Eltern. Die Mutter lebte bereits im Westen, war geflüchtet in den Monaten vor der Wende, der Vater blieb nach der Trennung der Eltern in Leipzig. Auch Cottbus war in den Strudel der Veränderungen gezogen und so genoss Jana erst einmal die Unabhängigkeit und die scheinbar wartende große weite Welt. Mit der Wende kam die Reisefreiheit, dem Umzug in den Westen hätte nun nichts mehr im Wege gestanden. Janas erster Besuch bei der Mutter in Bayern fiel für das junge Mädchen ernüchternd aus. Zu fremd, zu anders, zu spießig und zu muffig, mit den Bayern konnte sie sich damals nicht anfreunden. Sie blieb in Cottbus. Die große Wohnung wandelte sie in eine Wohngemeinschaft um, ihr Untermieter Martin Eitner war der erste Mieter, Berater der WG und wurde Jahre später ihr Ehemann. Nach dem Abitur ging es 1991 in die alte Heimatstadt Leipzig, zum Journalistikstudium. Hier lehrten noch die alten Fachleute mit viel Gespür fürs Handwerkliche, fürs solide Recherchieren und wie man Geschichten Zeit und Raum lässt. Jana merkte bald bei ihren Hörfunk- und Zeitungspraktika, dass genau dieses Wissen und Können bei den neuen Medienmachern durch Zeit- und Auflagendruck nicht mehr so gefragt war. Beim Hoyerswerdaer Tageblatt, gemacht von jungen Leuten und ehemaligen Kommilitonen, ließ sie sich anstecken vom „Blattmachen“, hier wurde am Stil gefeilt, man gab ihr Spielraum, sich auszuprobieren, Themen zu entdecken und guten Lokaljournalismus zu machen. Die Neugier ließ sie sich auch in anderen Bereichen umschauen. Pressearbeit, Veranstaltungen organisieren, das war mindestens genauso spannend. Daher wollte sie die Seiten wechseln und hängte den Journalismus erst mal an den Nagel. Mit dem Diplom in der Tasche und fand sie eine Anstellung beim Berliner Tagesspiegel, in der Werbeabteilung des Verlages, Journalistin war sie eigentlich nur noch im Nebenerwerb, wenn sie für andere Zeitungen, auch für die Lausitzer Rundschau, unterwegs war. Gemeinsam mit ihrem Mann lebte sie drei Jahre in Berlin, beide zogen dann 1998 ins Haus der Schwiegereltern nach Spremberg. Tochter Ande, benannt nach ihrer ostpreußischen Urgroßmutter, wurde im gleichen Jahr geboren, Sohn Konrad folgte drei Jahre später. Jana Eitner nutzte insgesamt sechs Jahre Elternzeit, um für die Kinder da zu sein. Dazwischen dann die Trennung von ihrem Mann. Alleinerziehend folgte nun die Zeit des Pendelns zwischen Berlin und Spremberg: Morgens halb fünf aus dem Bett und abends manchmal nicht vor 20 Uhr zu Hause. Ohne Unterstützung der Großeltern wäre das nicht zu schaffen gewesen. Beim Tagespiegel hörte sie 2010 auf, als sich eine Stelle bei einer Cottbuser Werbeagentur fand. Erfahrungen hatte sie für den neuen Job bei der Zeitung reichlich gesammelt. In Cottbus ergab sich der Kontakt zu Sebastian Zoepp von den Burger Spreescouts. Der suchte nach Verstärkung. Sein Konzept, Bildung und Tourismus zu verknüpfen, gefiel ihr und schon ein Jahr später wechselte sie an den Burger Nordweg 7. Hier zeichnet sie für das Marketing verantwortlich, macht die Öffentlichkeitsarbeit und entwickelte die Geschäftsbereiche Business und Touren.
Bei einem der täglichen Blicke aus ihrer Spremberger Wohnung auf die Spree hatte sie ihr Schlüsselerlebnis. Was, wenn die braune Brühe, bis Cottbus oder gar in den Spreewald kommt? Was wird, wenn uns die Gäste deswegen wegbleiben, was wird mit meiner Arbeit? Diese Fragen ließen sie nicht mehr ruhen, es trieb sie an, unbedingt etwas zu unternehmen. Ein Foto und eine Mail an das Landesumweltamt war der Anfang - die Antwort der Ansporn. „Kein Problem, das war schon immer so, das macht nichts“, lautete der Tenor der Antwort. Jana Eitner gab sich damit nicht zufrieden, immer brauner wurde die Fracht vor der Haustür, auch im Sommer, der früher etwas für Abschwächung sorgte. Im Burger Tourismusverein machte sie ihre Sorge öffentlich und fand in Christine Clausing, der Vorstandsvorsitzenden, eine aktive Mitstreiterin. Auch bei Peter Stephan, Geschäftsführer des Tourismusvereins Spreewald stieß sie auf offene Ohren. Es war klar, dass etwas getan werden musste. In Raddusch formierte sich 2012 das Aktionsbündnis Klare Spree, um Maßnahmen der Politik und der Bergbausanierer einzufordern. Jana Eitner wurde eine der drei Sprecher des Bündnisses. Nach einem Jahr wurde aus dem Bündnis ein eingetragener Verein, um noch schlagkräftiger agieren zu können und um vor allen Dingen als Partner in einer Sache, die alle angeht, besser wahrgenommen zu werden. Jana Eitner wurde zur Vorstandsvorsitzenden gewählt.
Sollte es irgendwann einmal ruhiger werden, will sie der Imkerei nachgehen. Die Umwelt- und Ökologiebewusste ist fasziniert vom Sozialstaat und der immensen Wichtigkeit der Bienen für das Überleben der Menschheit. Dem eigenen Garten widmen, Bienen halten und beobachten, auf der eigenen Streuobstwiese liegen, das ist ein kleiner Traum für die Zukunft. Dass dabei noch Honig abfällt, ist eigentlich Nebensache.
Peter Becker/peb1, 20.11.13
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