Schon seit einem halben Jahrhundert fließt Obstsaft in der Spreewaldmosterei Jank. Die Tanks können 200 000 Liter speichern und je nach Bedarf zur Abfüllung bereitstellen. Im sehr schwachen Erntejahr 2011 sind die Kapazitäten nicht ausgelastet, zu wenig Obst wurde im Spreewald geerntet. „Aber das müssen wir aushalten, es kommen auch wieder bessere Jahre“, hofft Firmenchef Hans-Joachim Jank. Er steht der Firma seit 1989, nach dem plötzlichen Tod seines Vaters Friedrich Jank, vor. Ein Jahr später verstarb auch der Großvater Friedrich Jank, sodass das der junge Firmenchef in vielen Dingen auf sich allein gestellt war und kaum jemanden um Rat fragen konnte. Lediglich seine junge Frau Christina hatte schon seit ein paar Jahren Büroerfahrung bei seinem Vater gemacht. Mit Kind und Kinderwagen am Schreibtische wurde auch diese schwierige Übernahmephase bewältigt.
Nach der Schule hatte Hans-Joachim zunächst im Dresdener Lockwitzgrund eine Lehre als „Facharbeiter für alkoholfreie Getränke/Weine“ gemacht, wie seine Berufsbezeichnung exakt lautete. Ein Fernstudium als Diplomingenieur für Lebensmittelindustrie schloss sich nach der Armeezeit in Drewitz an. Wenigstens von der theoretischen Seite her war Hans-Joachim Jank gut auf die Firmenübernahme vorbereitet, eine Gewerbegenehmigung war auch beantragt worden und gerade noch rechtzeitig zur Firmenübernahme erteilt worden.
Großvater Friedrich Jank hatte 1958 mit der Mosterei aus einem Gemüsehandel heraus, der seit 1937 bestand, begonnen. Nicht verkauftes Obst konnte so noch nutzbringend verwertet werden. Damals noch Gemüsehändler, war er im 2. Weltkrieg als Soldat samt seines Lkw „Opel Blitz“ eingezogen worden und kam erst 1949 aus der Gefangenschaft zurück – natürlich ohne Lkw. Sein gerade mal zehn Jahre altes Burger Wohnhaus in der Naundorfer Straße 2, hatte seine Frau nach einem Feuer inzwischen wieder aufbauen lassen. Russische Truppen hatten es 1945 bei ihrem Vormarsch wegen dort vermuteter Nazis in Brand geschossen.
Von der Waschküche zum Großbetrieb
Die Mosterei fand anfangs in der Waschküche statt. Mit einfachster Technik wurde das Obst gepresst. Den Saft mussten die Lohnkunden in den ersten zwei Jahren in eigenen Ballons mit nach Hause nehmen, ebenso die Pressrückstände, Trester genannt. Um den erleichterten sich die Kunden auf dem Heimweg, indem sie ihn einfach am Wegrand abkippten, „für die Wildtiere“, wie sie meinten. Bald jedoch wurde auch das Abfüllen in Flaschen und die dafür notwendige Pasteurisierung möglich, der Trester wurde von der Mosterei entsorgt. Der Betrieb expandierte, Erweiterungsbauten folgten. Als 1972 eine Enteignungswelle durch das Land rollte, war Friedrich Jank gerade dabei, eine neue Halle zu bauen. Mit „Die könn’se alleene fertig bauen“, stellte er alle Arbeiten ein. Letztlich musste er den Bau doch noch fertigstellen, denn der Burger Betrieb blieb von der Enteignung verschont.
In guten Erntejahren bildeten sich lange Schlangen vor der Mosterei. Kleingärtner und Spreewaldbauern brachten in Trabis und Wartburgs zentnerweise Obst zum Entsaften. Ein Fotograf hat einmal eine solche Warteschlange abgelichtet, das Foto ist heute als Panoramafoto in der Firmenausstellung zu sehen: Von der Safterei bis zum Kurfürstendamm reichte die Schlange. Ein Gehbehinderter kam mal mit seiner Duo-Schwalbe, einer Art Dreirad-Moped, und hatte Äpfel bis in den letzten Winkel seines Fahrzeuges geladen. „Da er nicht aussteigen konnte, haben wir das ganze Gefährt, mit Fahrer, auf die Seite gelegt, damit die Äpfel rausfielen“, erinnert sich der Firmenchef an die skurrile Situation. Ganz Findige campierten schon die Nacht vor der Obstannahme auf der Wiese vor der Mosterei. „Das waren auch für uns weniger ruhige Nächte, und wir haben am Tag dann auch solange gearbeitet, bis der letzte Kunde vom Hof war. Manchmal von 5 Uhr morgens bis spät in die Nacht“, erzählt der heutige Chef Hans-Joachim Jank. Die starke Nachfrage nach solchen Dienstleistungen war der Tatsache geschuldet, dass es in Zeiten knapper Güter darum ging, Wintervorräte zu schaffen, die zudem noch gesund und vor allen Dingen preiswert waren.
Altes Obst und neues Bewusstsein
Mit der politischen Wende änderte sich das schlagartig, die Leute kauften nun plötzlich die Billigsäfte aus den Supermärkten und ließen das eigene Obst verkommen. Für die Mosterei Jank kamen ganz schlimme Jahre, Mitarbeiter mussten entlassen werden. Nur noch die treuesten Kunden blieben, und die, die es nicht sehen konnten, wie das Obst auf den Streuobstwiesen vergammelte. Erst allmählich setzte das Bewusstsein ein, dass Produkte aus der Region denen der Discounter deutlich überlegen sind. Mit den wiedergewonnenen Kunden konnten dann auch allmählich in neue Technik investiert werden. Besonders stolz ist Firmenchef Jank auf die Kurzzeiterhitzungstanks: „Wir können hier bei 90 Grad Celsius in 90 Sekunden die Pasteurisierung vornehmen und so ganz schonend die Säfte konservieren. Die Vitamine bleiben erhalten und die Keime werden abgetötet. Dies sichert uns eine ausgezeichnete Qualität!“ Dies wird auch durch die regelmäßigen Lebensmittelkontrollen und Labortests bestätigt. „Ist ja auch keine große Kunst: Moderne Technik und unsere heimischen Spreewälder Streuobstwiesen sind die ideale Kombination für ein Gesundheitsprodukt“, so der stolze Jank.
Die alte Mostereitechnik wurde klugerweise nicht verschrottet, sie ist im erst 2010 fertiggestellten Verkaufsraum zu sehen. Kunden und Urlauber gehen gern durch die Ausstellung und lassen sich von Christina Jank auch mal die Technik in Funktion zeigen, wie etwa die Verkorkungsmaschine. Über den Ausstellungsräumen haben die Janks in zwei Ferienwohnungen investiert, die in Apfeloptik gehalten sind. Der Gast schläft dann auch in fassähnlichen Betten, auch der Kleiderschrank ist einem Holzfass nachempfunden. Seine Frau lernte Hans-Joachim schon auf dem Burger Schulhof kennen und lieben. Das Paar hat zwei Kinder, Yvonne und Enrico. Beide arbeiten inzwischen im Familienbetrieb mit. Die Nachfolge dürfte gesichert sein, aber noch ist Hans-Joachim Jank selbst noch voller Tatendrang und Ideen.
Die Mosterei Jank ist nun in ruhigerem Fahrwasser angekommen. Die Firma ist gut aufgestellt, das Produkt bei vielen heimischen Gaststätten und Getränkemärkten beliebt und bei einer regionalen Handelskette gelistet. Wenn im Herbst die Hochsaison langsam ausklingt und die Tanks gut gefüllt sind, hat Hans-Joachim Jank auch wieder etwas mehr Zeit für seine geliebten Hobbys: Fußball und alte Autos. Lange Jahre selbst Trainer in Burg für verschiedene Klassen hat er sich nun mehr der Vereinsarbeit als Abteilungsleiter verschrieben. Das alte Firmenfahrzeug, ein „Framo“ von 1963, wird liebevoll gepflegt und kommt bei den Burger Festumzügen zum Einsatz. Der „Ford Mustang“, Baujahr 1965, aber ist sein Lieblingsauto. Ihn gibt es bei Janks im Original, alle anderen Oldtimer in Miniatur, in der Vitrine des Chefbüros. „Meine Hobbys sind mein Ausgleich, beim Schrauben und Putzen fühle ich mich wohl – und erst recht beim Ausfahren“, bekennt er sich zu seiner Leidenschaft.
Peter Becker/peb1, 04.11.2011
www.spreewald-mosterei.de |