Grit Schwager und Ina Bandmann sitzen in einer ruhigen Minute beisammen und blättern in einem bunten Ordner. Zeitungsausschnitte, Autogrammkarten und was sich im Laufe der Jahre seit der Firmengründung 2006 in ihrer „Topp- und Flopp-Akte“ so alles angesammelt hat, haben sie darin abgelegt. „Wir haben vieles richtig gemacht, manches hat sich nicht bewährt und wurde geändert. Manch Prominenter schaut bei uns rein und deckt sich mit unseren Waren ein und hinterlässt uns das eine oder andere Andenken. Das alles haben wir hier gesammelt“, erzählt Ina Bandmann. Mit Grit Schwager, betreiben sie in einem ehemaligen Autohaus am Burger Hafen das „Kleinod“, einen Laden mit spreewaldtypischen Produkten. „Irgendwie hängt unser Start in die Selbstständigkeit mit Autos zusammen“, berichtet Grit Schwager. Ina Bandmann hatte ihren eignen kleinen Laden zuvor schon in einer vom Burger Rettungsdienst aufgegebenen Garage eingerichtet, bevor sich beide zusammenfanden und das „Kleinod“ erwarben. Sie kannten sich schon, so wie sich Leute in einer überschaubaren Gegend eben kennen.
In der Luftschiffhalle hats gefunkt
Grit Schwager hatte 2004 einen Job im fertigzustellenden Tropical Island und sollte dort auf der Baustelle einen dreiwöchigen Weihnachtsmarkt organisieren. In Ina Bandmann fand sie eine Partnerin, die sofort ins Auto stieg und in der riesigen Halle ihren Stand aufbaute. „Wir sind jeden Morgen um fünf Uhr los, haben Waren besorgt und dann den ganzen Tag bis in den Abend in der Tropenhalle verkauft“, weiß Grit Schwager über die Zeit ihres ersten gemeinsamen Zusammenarbeitens zu berichten. Spätestens hier haben die beiden gleichaltrigen Frauen gemerkt, dass die Chemie zwischen ihnen stimmt, dass da mehr drin ist, als nur Freundschaft. Sie entdeckten ein gegenseitiges großes Vertrauen und eine ebenso große Portion Verlässlichkeit.
Grit Schwager ist Jahrgang 1967 und stammt aus dem ländlichen Sielow bei Cottbus. Sie lernte und arbeitete als Friseuse und half später ihrem Mann Dirk, einem selbstständigen Installateurmeister, bei der Büroarbeit. Sie heirateten 1986, im Jahr der Geburt der Tochter Nicole. Inzwischen in Werben zuhause, merkte Grit, dass die Büroarbeit nicht die Lebenserfüllung darstellt, und sehnte sich nach einer Arbeit, in der sie mit Menschen nicht nur über Telefon, sondern von Angesicht zu Angesicht in Kontakt kommt. Gespräche am Gartenzaun mit vorbei fahrenden Touristen, „die immer so viele Fragen hatten“, lenkte Ihr Interesse auf die Gästebetreuung. Eine Gästeführerausbildung war die logische Folge, Einsätze im Spreewald, Cottbus, Dresden und Potsdam folgten und zeigten ihr, dass der eingeschlagene Weg richtig war. Im Sommer gab es mehr als genug Arbeit, aber da war ja noch der reisearme Winter, den es zu überbrücken galt. Sie hatte inzwischen den Job in Tropical Island angenommen, aber die ständige Fahrerei und der hohe Zeitaufwand waren doch noch nicht das Richtige. Mit Ina Bandmann inzwischen eng befreundet, schwärmte sie: „So ein kleiner Laden im Spreewald, der wär etwas“, - und beide hielten Ausschau. Das leer stehende Autohaus am Burger Hafen hatte genau die richtige Lage im touristischen Zentrum und gefiel ihnen sofort. Mit dem Vermieter wurden sie sich einig, sie nahmen auch das im Haus befindliche Café dazu und richteten ihr „Kleinod“, wie sie den Laden nannten, ein.
Bucheckern zünden Karriere
Ina Bandmann wuchs in Werben auf. Ihre Mutter war Heimnäherin und saß oft an der Nähmaschine, die es auch bald der kleinen Ina angetan hatte. „Ich konnte schon früh alles Mögliche nähen und habe mir die eine oder andere Anziehsache gleich selbst gefertigt“, erinnert sie sich. Sie wollte unbedingt Bekleidungsfachverkäuferin werden, was sie auch später schaffte. Bei einem Bewerbungsgespräch in einem Herrenausstatter wurde sie von der Chefin gefragt, warum sie sie denn eigentlich nehmen sollte. „Damit hier mal ein wenig junges Blut reinkommt!“, war ihre unbedarfte Antwort. Damit kann sich manch Bewerber die Tür selbst zuschlagen, aber der Cottbuser Unternehmerin gefiel gerade deshalb das kesse junge Mädchen. Sie war für den Umgang mit den zumeist männlichen Kunden wohl bestens geeignet. Im Kaufmann Jörg fand sie bald den Mann fürs Leben, die Kinder Christin und Elisabeth kamen auf die Welt. Es war auch bei ihr die Zeit für eine Neuorientierung gekommen. „Nur verkaufen, das war mir zu wenig kreativ. Gestalten wollte ich und meine Ideen lebendig werden lassen“, blickt sie auf die Zeit der Umorientierung zurück. Mit Nähmaschine und Staffelei zog sie in die Burger Garage und baute diese mit elterlicher Hilfe zu einer kleinen Geschenkboutique um. Ihre Eltern halfen auch bei ihrer ersten großen Kreation mit. „Aus Bucheckern, säckeweise gesammelt, fertigte ich kleine Kunstwerke, die mir fast aus den Händen gerissen wurden – so etwas macht Mut und erleichtert den Start in die Selbstständigkeit“, so Ina Bandmann über ihre kreativen Anfänge. Weitere Ideen folgten und so nach und nach entwickelte sich ihr kleiner Laden; der Umsatz stimmte. Ihr Wunsch nach Vergrößerung passte zu den Ambitionen ihrer Freundin Grit, beide einigten sich schnell auf das leer stehende Burger Autohaus.
Das verpasste Jubiläum
Seit dieser Zeit präsentiert sich der Laden mit seinen spreewaldtypischen Produkten und den eingekauften wie auch selbst gemachten Kunstwerken den Urlaubern und Einheimischen. Das auf einer Ebene liegende Café wurde anfangs noch mitbetrieben, wird aber inzwischen von Jörg Bandmann unterhalten. „In der Saison war das einfach zu viel Arbeit: Café und Shop passen zwar ideal zusammen, aber wir konnten es manchmal eben auch nicht schaffen. Wir standen vor der Wahl: Abgeben oder eben irgendwie weiterbetreiben. Da kam uns Jörgs Angebot gerade recht. So ist alles in unseren Familien geblieben“, beschreibt Grit Schwager die gegenwärtige Situation. Ihre Produktpalette stimmt, wie sie immer wieder erleben und erfahren. Sie sorgen dafür, dass die Urlauber ein Stück Spreewald mit heimnehmen und sich an sie und den Spreewald erinnern – und vielleicht wiederkommen. Treue Stammkunden und verlässliche Zulieferer haben sie schon lange – und fast alles beziehen sie aus der Region. Im Sommer 2011 ist es vor lauter Arbeit sogar passiert, dass sie den lange erwarteten 100 000. Kunden völlig verpasst haben. „Bei einem eher zufälligen Blick auf die Registrierkasse sah ich, dass wir schon um einige Hundert Zähler drüber waren“, ärgert sich Grit Schwager immer noch. Ina Bandmann nimmt es eher gelassen: „Da haben wir mal wieder was für den Flopp-Ordner, der Topp-Ordner ist ohnehin viel dicker!“ Beide wissen, dass das das verpatzte Jubiläum nun in ihre Firmengeschichte eingehen wird.
Peter Becker/peb1, 10.11.11
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