In Tracht in Pennsylvania
Die zufällig verlaufenden Lebenslinien und das Gesangstalent hatten die Lübbenerin Heidemarie Günther, die Dresdnerin Siegrid Henke und die Ukrainerin Natascha Müller schon vor Jahrzehnten zusammengeführt. Die Musik- und Russischlehrerin Heidemarie, die vor dem Ruhestand zuletzt am Gymnasium Lübben tätig war, drückt heute selbst wieder die Schulbank. Im Peitzer Großelternhaus wurde die slawische Sprache gepflegt – ein Grund, weshalb die Rentenerin nun die Volkshochschule besucht und Sorbisch lernt. „Ich möchte was für den Erhalt der Sprache tun, auch bei unseren Auftritten ist es von Vorteil, wenn wir das eine oder andere in Niedersorbisch, der Sprache der Niederlausitz, ansagen können“, so ihre Auffassung.
„Ich habe eine richtige slawische Abstammung“, bekräftigt Natascha. Die Ukrainerin, die Bergbautechnik studiert hatte, lernte 1972 ihren Ehemann kennen, der als DDR-Auslandsmonteur in der Ukraine arbeitete. Schon ein Jahr später erfolgte der Umzug nach Lübben, hier kam sie später mit Siegrid Henke in Kontakt, die deren Gesangstalent erkannt hatte. Aber erst mal ging es an das Erlernen der deutschen Sprache. „In der Schule hatten wir nur Englisch und es war für mich nicht einfach, in kurzer Zeit Deutsch zu lernen“, so Natascha. Die Lübbener Gesangspädagogin Christiane Laube ermöglichte ihr eine gute musikalische Grundausbildung, die bald auch zu solistischen Einsätze führte. Beruflich war sie viele Jahre im Spreewerk Lübben als Dolmetscherin tätig. Nach der Wende arbeitete sie noch bis zur Rente als Bürokraft im Lübbener Fährmannsverein.
Die gebürtige Sudetendeutsche Siegrid Henke kam erst wegen Vermessungsaufgaben und später wegen der hier kennen gelernten großen Liebe nach Lübben. Ihre Sangesfreude, gepaart mit einer gehörigen Portion Talent, führte sie 1964 und 1965 bis nach Berlin in die Quermann’sche TV-Sendung „Herzklopfen kostenlos“ – der Talentshow von damals. Beim DDR-Ausscheid und auch bei den Arbeiterfestspielen 1965 im Schlagergesang bekam sie jeweils einen ersten Preis. So hoch motiviert blieb sie natürlich dem Gesang weiterhin treu, zuerst noch im Städtischen Chor Dresden und später im „Kleinen Ensemble“ in Lübben, einem Terzett aus einer Musikschullehrerin, einer Musikschülerin und ihr. Siegrid Henke übernahm wegen ihrer herausragenden Qualifizierung 1988 sogar den Posten der Musikschuldirektorin, den sie bis 1994 inne hatte.
Im Wendejahr 1989 gründeten die Frauen das „Spreewaldfrauenterzett“. Mit ihren Sopran-, Alt- und Contra alt-Stimmen, gepaart mit Liedern aller Genres und Zeitepochen begeisterten sie bald Jung und Alt. Weniger begeistert waren sie von ihrem selbst verliehenen Namen. Das Lübbener Spreewaldoriginal Marga Morgenstern war es, die vorschlug: „Nu macht‘ m‘oal nicht so viel Gewese, nennt euch so, wie eier schenstes Lied Lubka Lilija!“ Liebste Lilie (niedersorbisch: lubka leluja) heißt ein Gedicht des 1872 in Lohsa verstorbenen obersorbischen Dichters Handrij Zejler, welches später zu einem wahren Volkslied vertont wurde. Als „Lubka Lilija“ folgten nun bald zahlreiche Auftritte im In- und Ausland, darunter der beim internationalen Folklorefestival 1993 in Limburg an der Lahn. „Den werden wir nie vergessen, hier erhielten wir riesigen Zuspruch und damit auch den Ansporn, unser Liedgut und die slawischen Traditionen weiter zu pflegen“, so immer noch voller Stolz Siegrid Henke. Es folgten TV-Auftritte bei Gunter Emmerlich und Jens Riewa und 2007 eine erste CD mit traditionellem Liedgut. Ein Jahr später erfolgte eine Einladung in die USA. In Pennsylvania konnten sie mit ihrer Musik, dargeboten in der Tracht der Spreewälderinnen, erneut viel Begeisterung auslösen und Zuspruch erfahren. Das Geheimnis des Erfolges liegt neben der ausgezeichneten stimmlichen Qualität ihrer Darbietung ganz sicher auch in ihrer musikalischen Vielfalt: Neben der slawischen Folklore bringen sie auch dreistimmig Lieder von Paul Lincke und Walter Kollo zu Gehör. Aber sie können auch Lieder der zwanziger und dreißiger Jahre – und zu manch‘ vorgerückter Stunde auch das eine oder andere Trinklied - wenn die Kleiderordnung etwas lockerer geworden und die Haube schon mal im Transportkarton verstaut ist. Siegrid Henke hat selbst einige Lieder geschrieben, darunter das inzwischen bekannte „Spreewald, wie bist du schön“ oder „Wenn der rote Klatschmohn blüht“, in dem die Brandenburger Seele angesprochen wird: „Priegnitz, Spreewald, Oderbruch – davon bekommst du nie genug… Wälder, See‘n, Erlengrund – hier lebt es sich gesund!“
Das Gurkenrezept der wendischen Großmutter:
10 Tassen Wasser |
|
3 Tassen Essig |
|
2 Tassen Zucker |
|
½ Tasse Salz |
|
1 Btl. Gurkengewürz (Fertigmischung) |
gründlich kochen. |
Kleine Spreewälder Knüppelgurken |
gründlich reinigen in einem Steinguttopf schichten. Dazwischen kommen |
5 große Gemüsezwiebeln ( in Scheiben geschnitten) |
|
2 Bund frischer Dill |
|
5 Zehen Knoblauch in kleinen Scheiben geschnitten |
und je nach Vorlieben |
weitere frische Gartenkräuter. |
Danach wird alles mit der Brühe übergossen. Bitte aufpassen, dass die Gurken von der Brühe bedeckt sind. Der Topf wird mit einem Teller abgedeckt und mit einem Stein beschwert. Nach zwei Tagen hat man die köstlichsten Gurken. |
Man kann auch saure Bohnen ( Bohnen lang lassen und ins Glas schichten ) mit diesem Sud einwecken. Dazu braucht man aber unbedingt Bohnenkraut.
Fischtopf - Katerfrühstück
Je nach Größe des Topfes
2 oder mehr Heringsfilets |
in einen Steintopf legen, mit |
Senf |
bestreichen und |
Zwiebelscheiben (nach Bedarf) |
auflegen. |
Spreewälder Salzgurken |
in Scheiben schneiden und auf die Filets legen, darauf noch etwa |
2 Knoblauchzehen zerdrückt |
auflegen. |
|
Nun kommt noch eine 2.Schicht Heringsfilets mit Gurken und Gewürzen, danach mit |
1 EL Tomatenmark |
bestreichen. Alles im Wechsel wiederholen bis die gewünschte Menge erreicht ist. Danach alles mit |
Sonnenblumenöl (gern auch Leinöl) |
übergießen und zwei Tage stehenlassen. |
Peter Becker, 01.12.10
|