Max Lehmann

Max Lehmann, Lehde

(1926 - 2014)

  • Fischer
  • Korbflechter

„Von Barschen haben die Chefköche keine Ahnung!“


„Fischen ist wie Urlaub! Andere Leute fahren sonst wohin und geben dafür viel Geld aus, für mich aber ist der schönste Ort der Welt - der Spreewald. Und den habe ich auch noch umsonst!“ Fischer Max Lehmann aus Lehde, geboren 1926, hat die frische Spreewaldluft und viel Bewegung jung bleiben lassen. Wie ein flotter Sechziger macht er sich über seinen Tagesfang an Fischen her, heute eine ganze Waschwanne voll mit vielen Arten aller Größen. „Ich fahre meist freitags in das Große Fließ, die ‚Mutnitza‘, da sind nicht so viele Paddler. Aber die sind ja eigentlich ganz nett zu mir, heute haben sie mich sogar geschleust und mir ein Schnäpschen spendiert“, zeigt sich Max Lehmann sichtlich erfreut.
Für die Spreewaldgaststätten macht er noch am Abend seinen Fang fertig. In einer versteckten Ecke seines Lehd’schen Hofes nimmt er gleich den Fang aus. „Wenn mich die Urlauber bei meiner Arbeit sehen würden, würden die Fische verderben, ich käme dann nicht mehr zum Arbeiten bei den vielen Fragen.“ Er schuppt mit flotter Hand die Plötzen und Bleie, die später für die Spreewaldsoße herhalten sollen. Die großen Hechte kommen dann auch noch dran, die sind dann die Delikatesse auf dem Speiseplan der Gaststätten. „Die Barsche behalte ich selber, die schmecken sowieso am besten, aber das haben die ‚Chefköche‘ noch nicht entdeckt“, schmunzelt Lehmann und nimmt sich gleich einen dieser stachligen Fische vor, dabei argwöhnisch beobachtet von den Hauskatzen. „Die sind auch wählerisch und mögen am liebsten die Eingeweide, da können sie schneller und mehr fressen!“
Max Lehmann schwört auf seine Jahrhunderte alte Fangmethoden: „Mit dem Knebelnetz umstelle ich die Krautstellen im Fließ und klatsche dann mit dem Pogan, auch Plumbawa genannt, einem alten wendischen Fischereigerät zum Aufscheuchen der Fische, auf das Wasser und hole dann das Netz wieder ein. Meist sind Fische drin, darunter auch Hecht, Karpfen und Zander!“ Der Fischer schwört auf die alten Fangtechniken. Neben dem Knebelnetz ist dies die Waden- und Reusenfischerei. Von den „neumodischen“ Stellnetzen hält er nichts. „Das kann ja jeder und das ist keine Kunst. Wir alten Fischer beherrschen noch das Paarfischen mit um die Stiefel gebundenen Stricken des Wadennetzes: Einer fuhr rechts am Ufer, der andere links, geschickt mit dem Rudel den Kahn manövrierend.“ Gelernt hat er das Fischen so ganz nebenbei bei Vater Karl und später beim Schwiegervater. Für einen Spreewälder Jungen nichts außergewöhnliches, schließlich hatten viele Bauern auch das Fischereirecht. Neben der Tierhaltung und der Kleinfeldwirtschaft ein wichtiger Erwerbszweig, besonders auch im Winter. „Da fingen wir massenhaft Quappen, sehr zum Leidwesen der Lübbenauer Fleischer. Die fürchteten nämlich die äußerst schmackhaften Quappen in Aspik, die unsere Frauen auf dem Markt in Lübbenau preisgünstig anboten und die die Sülze der Fleischer alt aussehen ließen“, freut sich Max Lehmann noch heute darüber.
Seine Gedanken gehen noch weiter zurück, an die Kindertage im Spreewalddorf Lehde. Die Schulzeit war für ihn prägend, denn anders als in den Städten besuchten alle 52 Lehder Kinder den Unterricht bei einem Lehrer in einem Raum, von der 1. bis zur 8. Klasse. „Da herrschte Zucht und Ordnung. Lehrer Paul Krüger war streng, aber auch gerecht und hat uns viel beigebracht. Wir Kinder freuten uns jedes Jahr auf seinen Geburtstag, vielleicht mehr, als er selbst. Dann wurden vormittags nur Geschichten vorgelesen und nachmittags feierten wir mit ihm gemeinsam am heutigen ‚Fröhlichen Hecht‘: Wir Jungen schwangen den Pendel mit einem Blechfisch, an dessen Kopf eine Spitze war, zu einer Schießscheibe hin, die Mädchen machten Topfschlagen oder andere Sachen. Abends war dann Tanz, ein Peitzgerball, benannt nach dem kleinen Fisch - für Kinder eben. Mit einem Lampionumzug begleiteten wir dann den Lehrer nach Hause.“ Max Lehmann lernte bei diesem Lehrer das Sparen, wie er heute zugibt. Alle Jungen und Mädchen pflückten für die Kahntouristen kleine Wiesenblumensträuße, die sie ihnen zuwarfen. Die zurückkommenden Pfennige wurden eingesammelt und gerecht aufgeteilt. Am Montag früh wurde das Geld beim Lehrer abgegeben, der für jeden Schüler ein Sparbuch angelegt hatte. „So kam zwar kein Reichtum zustande, aber immerhin hatten wir am Ende der Schulzeit doch etwas Geld in der Hand!“
Die Lehre als Bau- und Möbeltischler musste er vorzeitig abschließen, denn an der Front wurden Soldaten gebraucht. Eine Einberufung zur Luftwaffe folgte, aber schon im gleichen Jahr kam er in amerikanische Kriegsgefangenschaft. „Die haben aber schlecht aufgepasst und so konnte ich zurück in meinen geliebten Spreewald fliehen.“ Bei Kahnbauer Neumann baute er nun Kähne und lernte in dieser Zeit Johanna kennen, beide heirateten 1949. Mit der Übernahme der schwiegerelterlichen Wirtschaft fügte er sich in das Leben eines Spreewaldbauern und Fischers ein. An den langen Winterabenden wurden Körbe geflochten und Netze repariert. Als gelernter Tischler war er auch in der Lage, die spreewaldtypischen Stoßschlitten zu bauen, auch Rudel und Kahnschippchen fertigte er selbst an. Im Sommer wurde am Sonntag Kahn gefahren: „Wir brauchten das Geld, nur von Gemüse und Fischen allein waren keine großen Sprünge drin!“
Nun ist es still geworden, nach dem Tod seiner Johanna lebt er allein in dem großen Haus. In der Werkstatt bullert der Ofen, das Transistorradio dudelt gegen die Stille an, die ihn umgibt. Max Lehmann nutzt wie in jedem Jahr den Winter, um Körbe zu flechten. Ganz kleine schicke sind dabei, aber auch große praktische Körbe für Feld und Garten. „Schließlich will ich was zu tun haben – und die nächste Saison kommt bestimmt und mit ihr wieder viele kaufwillige Touristen. Für die Aufbesserung meiner Rente tue ich gern was und bereite anderen damit sogar noch eine Freude!“ Wieder und wieder zieht er eine Weidengerte durch das Geflecht, immer schön auf Abwechslung achtend. Auf grüne folgen gelb und darauf wieder bräunliche Weidenruten. Gelegentlich geht dabei sein Blick aus dem Werkstattfenster: „Auch dieser Winter geht vorbei, und bald geht’s wieder zum Fischen!“ Dem weit über Achtzigjährigen scheint‘s zu frohlocken.

 Sein Geheimrezept:

Quappe in Aspik

1 kg Quappe ( oder Aal)

in  Stücke schneiden und in

1 Liter Wasser

versetzt mit

¼ Liter Essig (10%)

 

1 Lorbeerblatt

 

1 Prise Salz

 

1 Prise Zucker

 

40 g Petersilienwurzel

 

40 g Sellerie

und

40 g Zwiebeln

gar kochen. Nach dem Abkühlen die Flüssigkeit durch ein Sieb seihen und mit

12 Blatt Gelantine

die zuvor in wenig Wasser aufgelöst wurde, vermengen. Einen Teil der Flüssigkeit in eine geeignete Form (Schüssel) gießen, so dass ein 5 cm hoher Spiegel entsteht und erstarren lassen. Darauf wird die Verzierung aus

1 gekochten Ei

 

1 gekochten Möhre

und

1 Gewürzgurke

die alle 3 zuvor in Scheiben geschnitten wurden gegeben. Anschließend wird wieder mit Gelierflüssigkeit übergossen, die erneut erstarren muss. Nun werden die Fischstücke gut angeordnet aufgelegt und mit der restlichen Gelierflüssigkeit bedeckt.
Nach dem Erstarren wird die Form kurz in heißes Wasser gestellt und danach gestürzt. Die Sülze wird mit Scheiben von

1 Zitrone

etwas gezupftem

Dill

und gezupfter

Petersilie

vor dem Auftragen garniert.

Max Lehmann Lehde

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