Benno Pötschke

Benno Pötschke, Burg

  • Sorbischlehrer i.R.
  • Publizist


Benno Pötschke, Burg – Lehrer im Ruhestand
„Eigentlich weiß ich gar nicht, wie und wann ich Deutsch gelernt habe!“ Diese Frage stellte sich Benno Pötschke schon öfter, fand aber nie wirklich eine befriedigende Antwort. Der 1934 in Neudörfel bei Kamenz Geborene wuchs in einem konsequent Obersorbisch sprechenden Elternhaus auf, auch die Kinder in der Nachbarschaft verständigten sich in dieser Sprache. Mit der Einschulung änderte sich dies abrupt, denn in der deutschen Schule war Sorbisch vom NS-Regime verboten worden. „Irgendwie muss ich da in die deutsche Sprache hineingerutscht sein“, mutmaßt er heute. Nach wenigen Schuljahren war es mit dem Nazi-Spuk vorbei und im sich neu entwickelndem Deutschland verbesserten sich die Bedingungen für die nationale Minderheit der Sorben. Benno besuchte die Sorbische Oberschule Bautzen und studierte am Pädagogischen Institut Kleinwelka in der Fachkombination (Ober-)Sorbisch/Russisch. Vom Bezirksschulamt Cottbus wurde er neben anderen Absolventen angefordert, um in der Niederlausitz den Unterricht in dieser Sprache abzusichern. Vielleicht war den Funktionären nicht ganz klar, dass Sorbisch nicht gleich Sorbisch war und man einen Obersorbisch sprechenden Lehrer nicht sofort in der Niedersorbisch sprechenden Lausitz einsetzen konnte. In einem „Schnellkurs“ bei Bauer Jahn in Dissen lernte er durch die Mithilfe in der Landwirtschaft ziemlich schnell die wichtigsten Begriffe und Redewendungen. „Die hiesigen Sorben, die sich selbst gern Wenden nennen, sind sehr empfindsam, wenn es um ihre Sprache geht. Schon ein etwas anders ausgesprochenes Wort, lässt sie manchmal von einem abkehren“, lautet Pötschkes erste und auch immer wieder bestätigte Erfahrung mit den Niederlausitzern. Aber genau dieses Verhalten provozierte in ihm das immer tiefere Eingehen in die sprachlichen Besonderheiten, was ihm letztlich auch entsprechende Anerkennung einbrachte.
Nach einem ersten Lehrerjahr in Briesen folgten dann viele Jahrzehnte in der Burger Schule bis zu seinem Ausscheiden 1991. In dieser Zeit entstanden zahlreiche Lehrbücher in Niedersorbisch, die aber zunehmend stärker ideologisch beeinflusst wurden. „Die Bildungsfunktionäre bestanden auf die Aufnahme neuer Wörter wie Mähdrescher, Vollerntekombine oder auch sozialistische Umgestaltung – eine nicht immer leicht zu lösende Aufgabe“, erinnert sich Pötschke. „Mir kam es aber dabei immer auf eine Reinhaltung des Niedersorbischen an, eine Verschmelzung mit dem Obersorbischen wäre für die Sprachkultur der Sorben nicht hinzunehmen gewesen.“
Viel Freude bereitete ihm auch die Beschäftigung mit der Kunst. Mit dem Vetschauer Maler Wilhelm Schieber (1887-1974) verband ihn eine tiefe Freundschaft, dieser unterstützte ihn auch in seiner künstlerischen Entwicklung. Gemeinsam leiteten sie viele Jahre einen Zirkel für „Bildnerisches Volksschaffen“ in Burg.

 In dem vielbeachteten Buch „Wendische Bilderwelten“ (Domowina-Verlag, Bautzen, 1999), das er gemeinsam mit dem sorbischen Kunstwissenschaftler Dr. Alfred Krautz herausgab, hat er Wilhelm Schieber und den anderen Malern von Lübben bis Schleife ein Denkmal gesetzt und deren Werke und Leben lesenswert dargestellt. Er initiierte viele Ausstellungen, darunter welche über Schulenburg, During und natürlich auch über seinen Freund Schieber. Gefragt ist auch sein Expertenwissen zu wendischen Flur- und Ortsbezeichnungen.
Benno Pötschkes Leben war und ist mit dem Sorbischen verbunden, ihn ärgert es, wenn er hier und da mitbekommt, dass sich Einzelne in Kleinigkeiten verlieren. Benno Pötschke hofft sehr auf die Einsicht und Weitsicht der sorbischen/wendischen Verantwortlichen und erteilt allen Abweichlern von der gemeinsamen Sache eine Abfuhr. „Ob man sich nun als Wende oder Sorbe sieht, als sorbischer Wende – Niederwendisch ‚serbski Serb‘ oder wendischer Sorbe, Niederwendisch ebenfalls ‚serbski Serb‘ – ist doch unerheblich. Wichtig ist, dass das kleine slawische Volk seine Identität nicht verliert. Dazu gehört als wichtigstes die Pflege der Sprache in all ihren Ausprägungen und die Wahrung kultureller Traditionen.“
Sein neuestes literarisches Werk wendet sich weniger diesen Fragen zu, ist aber dennoch in obersorbischer Sprache gedruckt. Es hat mit der Verarbeitung von traumatischen Kindheitserlebnissen in den letzten Kriegstagen zu tun. Er beschreibt darin die Kämpfe in und um seinen Heimatort Neudörfel sowie den Tod seines Bruders, der eine Woche vor Kriegsende auf dem elterlichen Acker von einer Granate zerfetzt wurde.

Benno Pötschke blickt auf ein arbeitsreiches Leben als Lehrer, Künstler und Bewahrer des Niedersorbischen zurück. Selbst in die eigene Familie konnte er die Saat einbringen. Sohn Fred (Jg. 1962) wurde ebenfalls Lehrer und ist ein hervorragender Künstler, der mit starken Bildern seiner Spreewaldheimat beeindruckt.
Einen Ausgleich zu seiner geistigen Tätigkeit findet er seit Jahrzehnten im Billardspiel. Diesem Sport gehört seine ganze Leidenschaft, voller Stolz verweist er auf die Goldene Ehrennadel, die ihm die Deutsche Billardunion verliehen hat. Nun schon im hohen Alter stehend, pflegt er ihn immer noch. Hier wie auch in seinem gesamten Leben schiebt er dabei keine „ruhige Kugel“. Er ist mit Leidenschaft und Hingabe bei allem dabei.

Peter Becker, 20.09.11

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