Rochus Graf zu Lynar

Rochus Graf zu Lynar, Lübbenau

  • Hotelier "Schloss Lübbenau"

Über Mosambik und Portugal ins Spreewaldschloss


„An diesem Winter kann ich mich richtig erfreuen, ich kann nicht genug davon haben!“ Rochus Graf zu Lynar steht an einem Fenster im Schloss Lübbenau und freut sich über das dichte Schneetreiben im Park. Der 1972 in Mosambik geborene und Portugal aufgewachsene Rochus hat den mitteleuropäischen Winter erst während seiner Ausbildung als Bankkaufmann in Hannover und kennengelernt: „In Lissabon habe ich nie Schnee gesehen, dafür konnten wir das ganze Jahr über auf der Straße Fußball spielen – eine ‚Pflicht‘ für jeden portugiesischen Jungen“, erinnert er sich sichtlich glücklich an seine Kindheit. Er beherrscht natürlich Portugiesisch in Wort und Schrift, daneben auch Englisch und Spanisch. Der junge Graf ist während und auch nach seiner Ausbildung zum Diplom-Betriebswirt viel herumgekommen in der Welt und war gerade dabei, sein Berufsleben auf ein großes amerikanisches Landmaschinenunternehmen auszurichten, welches in der ganzen Welt Niederlassungen unterhielt. In Brasilien ereilte ihn eines Tages und völlig unvorbereitet ein Anruf vom Vater Guido Graf zu Lynar aus Lübbenau: „Junge, du wirst hier gebraucht!“ Erzogen, immer für die Familie da zu sein wenn man gebraucht wird, gab es für ihn keine Alternative: „Wir Lynar’s laufen vor den Aufgaben nicht weg, wir stehen in der Pflicht, besonders auch in der Pflicht unseres Großvaters, der aufrecht gelebt hat und von den Nazis dafür zum Tode verurteilt wurde.“
 Im Vertrauen darauf, dass es seine Eltern nur gut meinen, auch wenn die Kinder es nicht immer gleich verstehen – „die Einsicht kam erst später“- folgte er dem Ruf und wurde 2001 fast über Nacht Hotelier. 
Den „Hotelier“ nimmt er aber sogleich zurück, denn als solcher wäre er viel zu pingelig geworden und hätte sicher ganz andere Maßstäbe gesetzt, so seine Auffassung. Als Wirtschaftsmanger stellte er alles auf den Prüfstein und räumte einer nachhaltigen Wirtschaftlichkeit  und einer Firmenphilosphie den Vorrang ein, die sich an den zehn christlichen Geboten orientiert. „Ich bin der Herr, dein Gott. Du sollst keine anderen Götter neben mir haben - spiele dich nicht als Herrgott auf und halte dich nicht für allwissend oder allmächtig“ heißt es da gleich im 1. Gebot, das für alle Hotelangestellten, einschließlich der Geschäftsführung, gilt und akzeptiert wie praktiziert wird. Es gibt kein „oben“ und kein „unten“, alle Mitarbeiter werden gleich geachtet. 
Seit etwa 2005 schreibt das Unternehmen wieder schwarze Zahlen, man wähnt sich über den Berg zu sein, lehnt sich aber keineswegs zurück: „Unsere Eltern haben uns die Steine vom Feld geräumt, wir Kinder bestellen nun den so vorbereiteten Acker und erst unsere Kinder werden vielleicht mal ernten“, ist seine feste Überzeugung. Und „Steine“ gab es wahrlich genug, denn die Lynar’s wurden nicht unbedingt mit offenen Armen in Lübbenau empfangen. „Wir waren adlig, westdeutsch und bekamen unser Gut ohne Bezahlung rückübereignet“, fast Rochus Graf zu Lynar die damalige Situation zusammen. Inzwischen ist das Schlosshotel nicht mehr aus Lübbenau wegzudenken. Es gibt über 50 Angestellten Arbeit, 15 Auszubildende erlernen hier das Gastronomiehandwerk – und es beherbergt jährlich Hunderte Gäste, die immer größeren Gefallen am Hotel und dem Spreewald finden und auch regelmäßig einbuchen.
Das jüngste Projekt, der Marstall, fordert den Grafen auf ganz andere Weise. „Ich war immer gern auf der Baustelle und entwickelte permanent neue Ideen. Am liebsten hätte ich mit angepackt, wenn diese ausufernde Büroarbeit nicht gewesen wäre.“ Der Graf sehnt sich aber auch nach einer Zeit, in der er mal wieder seiner musischen Begabung nachgehen kann. Er schreibt gern, besonders gern „verdichtet“ er historische Vorlagen und schreibt sie entsprechend um. Aus der „Weihnachtsgans Auguste“ wurde so die „Schlossgans Auguste“, die vom hiesigen Küchenchef verfolgt wird. „Das habe ich schon als Kind gern gemacht und zahlreiche kleine Geschichten geschrieben die ich unter anderem meiner Tante Luise schenkte. Diese wiederum gab sie mir anlässlich meiner Hochzeit zurück – da erst habe ich schmunzelnd gemerkt, wie viele Rechtschreibfehler ich damals gemacht hatte“, gesteht er eine frühere Schwäche ein. 
Er lebt mit seiner Frau Anke Gräfin zu Lynar, die für einen großen Chemiekonzern arbeitet, noch in Berlin. Er pendelt oft zwischen Lübbenau und der Hauptstadt, findet aber auch mal ein Bett im familieneigenen Hotel, wenn die Arbeit überhandnimmt. In ruhigen Momenten genießt er die wunderschöne Spreewaldlandschaft oder träumt davon, endlich mal das Klavier im Salon spielen zu können. „Noten kann ich, ich habe mal Geige gespielt, da werde ich mir doch auch noch dieses Instrument aneignen können“, so seine Hoffnung. Oft gehen seine Gedanke an seine portugiesische Heimat zurück: „In meinem Herzen trage ich eine portugiesische Seele, sehnsuchtsgeladen und melancholisch-leidend. Ein Zuhause-Gefühl entwickelt sich aber auch so langsam für Lübbenau, hier kann ich nicht mehr weg. Hier, auf dem Jahrhuderte alten Stammsitz der Lynars,  habe ich meine Aufgabe für die Familie angenommen.“


Bewährtes aufwerten:


Kartoffel, Leinöl und Quark mit Kalbsschnitzel


„Die Spreewälder Küche überrascht mit solch bodenständigen Gerichten wie die berühmten Kartoffeln mit Leinöl und Quark. Schon mein Großvater war von diesem Gericht so begeistert, dass er es mit Vorliebe Gästen servieren ließ. Vor allem für jene, die das Leinöl immer noch nicht probiert haben, hat dieses Gericht etwas Exotisches.
Wer es als Delikatesse zu schätzen weiß, der wird sich die drei Hauptzutaten genauestens aussuchen, denn bei so wenigen Bestandteilen entscheidet natürlich die Qualität jedes einzelnen Produktes über den wahren Genuss. Sobald ich also die köstlichsten Pellkartoffeln, den schmackhaftesten Quark und ein richtig gutes Leinöl zusammengetragen habe, frische Kresse und Schnittlauch als kleine Krönung dazu, sind alle Voraussetzungen für ein perfektes Essen gegeben. Allerdings erlaube ich mir hin und wieder einen Fauxpas, in dem ich ein auf Punkt gebratenes Kalbsschnitzel dazu gebe. Manch alter Spreewälder - wahrscheinlich auch mein Großvater - würden darüber nur den Kopf schütteln. Aber was soll ich sagen? Es ist einfach eine besonders leckere Kombination!“ Rochus Graf zu Lynar

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