Schippel

Werner-Siegwart Schippel, Vetschau

  • Landtagsabgeordneter BB
  • Kreistagsabgeordneter OSL
  • Geschäftsführer ASB Lübbenau-Vetschau

Ein Angler im Landtag


„Lehrers Kind und Pastors Vieh geraten selten oder nie!“ Der Brandenburger SPD-Landtagsabgeordnete Werner-Siegwart Schippel, aufgewachsen in den Fünfzigern in einem Lehrerhaushalt, schien damals den Spruch auf seine Gültigkeit beweisen zu wollen: „Ich war ein schwieriges Kind und habe meinen Eltern bestimmt nicht viel Freude gemacht, noch weniger den Lehrern. Meine Verhaltensnoten sahen auch dementsprechend aus.“ Schippel kann das heute, in der Distanz von fast 50 Jahren, mit einem lachendem und einem weinenden Auge sehen. Weinend wohl eher, weil er es den Menschen um ihn herum nicht leicht machte. Lachend, weil er später aufholte, was er verpasst hatte: Die 10. Klasse wurde an der Abendschule nachgeholt, eine Dreherlehre erfolgreich abgeschlossen. Als ganz junger Mensch, er war gerade zwei Wochen vorher 18 Jahre alt geworden, ging er 1969 für drei Jahre zur NVA, an die Grenze. „Ich bin heilfroh, dass ich diese Zeit ohne Schrammen überstanden habe und nie die Waffe gebrauchen musste“, so Schippel heute, der den Mauerschützenprozessen etwas zwiespältig gegenübersteht.
Werner-Siegwart Schippel lebte in einer Welt voller Widersprüche: Daheim, bei den Eltern und den großen Brüdern, den NVA-Offizieren, war alles –so schien es denen- in Ordnung, sie ließen am System keine Kritik zu. Er aber lernte die Mangelwirtschaft kennen, die nicht schön geredet werden durfte und konnte. Für ihn, der mit seiner jungen Familie nebenbei Kleinviehhaltung betrieb, war es nicht nachvollziehbar, dass das Brot vom Bäcker für seine Hühner billiger war, als der Futterweizen. „Solch eine Politik ist zum Scheitern verurteilt, das geht nicht gut“, war er sich sicher. Sein politisches Interesse nahm in dem Maße zu, wie sich die Probleme verschlechterten. „Ich habe sogar nach der Nachtschicht im Kraftwerk Vetschau noch die Bundestagsdebatten verfolgt, dabei auch erfahren, dass im Westen durchaus nicht alles so goldig ist, jedes System auch seine Schattenseiten hat.“ Die Gelegenheit, das Schicksal in die eigenen Hände zu nehmen  und mitzugestalten, ergab sich mit der politischen Wende. Gemeinsam mit Axel Müller, einem späteren Vetschauer Bürgermeister, gründete er gegen den Willen des staatlichen Gewerkschaftsbundes, aber mit Unterstützung des wohl weitsichtig agierenden Kraftwerkdirektors Röder den ersten Betriebsrat in den Kraftwerken. Die freien Wahlen im März 1990 führten ihn, damals noch Mitglied der SDP, der ostdeutschen Form der SPD, in den Kreistag, dem er immer noch angehört. Vier Jahre später wurde er in den Landtag gewählt, wo er inzwischen für die innere Sicherheit Mitverantwortung trägt. Vor drei Jahren stand die Entscheidung an, größere politische Aufgaben in Potsdam zu übernehmen oder vor Ort im Spreewald zu bleiben. Hier war die Stelle des Geschäftsführers des Arbeiter- und Samariterbundes (ASB) zu besetzen. „Ich habe mich für Letzteres entschieden, auch mein Wahlkreis liegt mir am Herzen, denn ich blieb ja weiter als Abgeordneter im Landtag und kann dort die Belange der Spreewälder vertreten, besonders auch die der Sorben und Wenden.“
Im Landtag gehört er zu den Fürsprechern der sorbisch/wendischen Minderheiten in Brandenburg und hat deren Rederecht und sogar Anhörungsrecht erwirkt. „Wir müssen den Sorben/Wenden ihr Heimatgefühl erhalten, sie sollen sich hier wohl fühlen und geachtet werden“, so sein Credo. Mit der Spreewaldstiftung, zu dessen Gründungsvätern er zählt, können Probleme gelöst werden, die in anderen Strukturen nicht möglich sind. „So können wir Land übernehmen und es einer spreewaldtypischen Nutzung überführen. Mancher Oma konnte so geholfen werden, den ihr im wahrsten Sinne über den Kopf gewachsenen Landbesitz wieder in Ordnung zu bringen“, berichtet Schippel.
Für ihn ist ein 12-Stundentag das normalste auf der Welt. „Und ohne die Unterstützung sehr engagierter Mitstreiter im ASB, ohne mein perfekt funktionierendes Wahlkreisbüro und ohne Unterstützung durch meine Familie, zu der inzwischen vier erwachsene Kinder gehören, wären es sicher noch mehr Stunden“, schätzt er ein. Die ganz wenige Freizeit gehört dann auch seiner Angelleidenschaft, der er an abgelegenen ganz ruhigen Orten im Spreewald nachkommt oder wohl eher nachkommen möchte: Das geplante Frühjahrsangeln wurde immer weiter verlegt, bis in den Juli. Jeder Termin platzte im letzen Moment. „Da bin ich richtig froh, dass ich mich mit dem Reporter zum Angeln verabredet habe.“ Sein Handy klingelte dann auch nur zweimal, Fische bissen keinmal an, „aber das macht nichts, in der Natur kann ich so wunderbar nachdenken.“ Zum Fische fangen fährt er mit seiner Frau alle zwei Jahre nach Norwegen. Andere Frauen sollen bei der Aussicht auf einen für sie so eintönigen Urlaub wohl etwas die Nase rümpfen, nicht aber seine Margitta: Sie ist ebenfalls eine leidenschaftliche Anglerin und befindet sich mit ihm dann im sportlichen Wettkampf.
In wenigen Jahren steht die Entscheidung an, in den wohlverdienten Ruhestand zu gehen oder noch weiter Verantwortung zu tragen. „Ich freue mich auf die Zeit, verdienter Ruhe und Muße, um endlich mal das zu tun, was lange warten musste“, sieht Schippel heute seine Zukunft. Aber so richtig überzeugt klang das noch nicht, zu sehr ist ihm wohl die Verantwortung für seine Spreewaldheimat ans Herz gewachsen, als dass er sie von heute auf morgen aus der Hand geben könnte.

 

Kartoffelstückchen süß-sauer

500 g Kasslerrippchen

mit

3 Pfefferkörner

 

3 Pimentkörner

 

1 Lorbeerblatt

 

1 großen Zwiebel

und

Salz

in

1,5 Liter Wasser

ca. 30 Minuten kochen und nach dem Abkühlen die Kasslerrippchen vom Knochen ablösen und das Fleisch in kleine Stückchen zerteilen. Anschließend

500 g Kartoffeln

schälen, in kleine Würfel schneiden und dem  Sud zugeben. Das ganze 10 Minuten weiterkochen und mit

Essig

und

Zucker

süß-sauer nach Belieben abschmecken. Zum Schluss

6 Eier

aufschlagen und in einer Pfanne mit

3 Scheiben gewürfelten durchwachsenen Speck

zu Rühreiern braten, in kleine Stücke schneiden und zur Suppe dazugeben.

 

Peter Becker, 13.07.10

 

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