Naturnäher kann ein Kind im Spreewald kaum aufwachsen. Der 1959 geborene Rainer erlebte noch das ursprüngliche Landleben auf den abgelegenen Byhleguhrer Kaupen. "Unsere Nachbarn haben wir nur im Winter in der Ferne gesehen, wenn kein Laub die Sicht behinderte", erinnert er sich an die damalige wie heutige Abgeschiedenheit. Mit seiner Frau Sylvia und den erwachsenen Kindern Tim und Janine bewohnt er immer noch das vom Urgroßvater 1908 erbaute Haus. Inzwischen modernisiert, bietet es allen Komfort. Stall und Scheune wurden zu Ferienwohnungen umgebaut. Aber die einmalige Lage ist geblieben. Das Fließ, die Schrebenza, ist immer noch da, ebenso die alles umgebende Stille, die manchen Urlauber fast unheimlich vorkommen mag. An Sonntagen nehmen die Schloddaricks manchmal ihr Paddelboot und steuern das "Ochseneck" an, um dort Mittag zu essen. Auf der eineinhalbstündigen Fahrt ist dann oft die Zeit da, über die Dinge zu reden, die in der Woche zu kurz kommen. Rainer Schloddarick ist nicht sehr häufig daheim. Neben seiner Geschäftsführertätigkeit im Wasser- und Bodenverband "Oberland Calau" ist er noch ehrenamtlicher Bürgermeister von Byhelguhre-Byhlen mit 790 Einwohnern. Er ist Vorsitzender im Kuratorium des Biosphärenreservates, Amtsausschussvorsitzender in Lieberose, sitzt in den Vorständen der Mittelbrandenburgischen Sparkasse und der Stiftung Kulturland Spreewald. Der Weg bis dahin war nicht immer leicht und auch nicht geradlinig.
Rainer besuchte Kindergarten und Schule in Byhleguhre, ab der 5. Klasse dann in Straupitz. Nach der 10. Klasse nutzte er auf Anraten seines Vaters die Möglichkeit, Beruf und Abitur zu verbinden: "Junge, wenn's mit einem Studium nichts wird, hast du wenigstens schon einen Beruf!" In Kraftwerk Lübbenau/Vetschau legte er die Facharbeiterprüfung als Maschinist für Wärmekraftwerke ab. Das Abitur erlangte er an der Arbeiter- und Bauernfakultät in Halle. "Ich musste alle Prüfungen in Russisch ablegen, denn ich sollte auf ein Studium im damaligen Leningrad vorbereitet werden", berichtet Rainer Schloddarick aus dieser Zeit. Mit dem Studium wurde es dann doch erst mal nichts, weil sich Mutter Martha wohl zu viele Sorgen um ihren Großen machte und es nicht verwinden konnte ihn nur einmal im Jahr zu sehen. Für drei Jahre musste sie ihn aber dann doch für den Wehrdienst aus dem Haus lassen. In Pätz bei Königs Wusterhausen ging es ihm im Kfz-Dienst ganz gut. Häufig nutzte er die Wochenenden, um in den Spreewald zu fahren, zu den Eltern und zu den Tieren auf dem Hof und im Stall. Im Sommer war Mithilfe in der Ernte dringend nötig. Nach den drei Jahren bei der NVA wollte er Jura studieren. Als Arbeiterkind und als ehemaliger Unteroffizier bei den Grenztruppen weckte er Begehrlichkeiten bei den Kaderspähern des Mielke-Ministeriums. Wieder war es die Mutter, die diese Pläne zunichtemachte, denn sie jagte die Werber vom Hof. Plötzlich war auch kein Studienplatz mehr "frei". Vater Reinhard gab den richtungsweisenden Tipp, es doch mal mit einer Nummer kleiner an einer Ingenieurschule für Wasserbau zu probieren. Erfahrungen hatte Rainer damit schon, denn in den Schulferien war er beim Entkrauten der Fließe und Streichen der Wehre dabei. Nach dem Studium in Magdeburg kam Rainer Schloddarick zur Cottbuser Investbauleitung und war dort für die Kohlefolgeninvestitionen zuständig. Mit der politischen Wende wurden diese Strukturen aufgelöst, eine völlige Neuorientierung stand an. "Wir hatten damals erste Kontakte zu Nordrhein-Westfalen geknüpft und uns auch dort umgesehen. Das schon vom Preußenkönig 1850 eingeführte Modell der Wasserbewirtschaftung gefiel uns so gut, dass ich mit Ramona Möbus am 5. Dezember 1991 nach diesem Vorbild den Wasser- und Bodenverband "Oberland Calau" in Altdöbern gründete. Wir waren acht Mitarbeiter: Vier im Außenbereich und vier in der Verwaltung", verweist er auf die Anfänge mit diesem noch recht ungünstigen Verhältnis. "Heute haben wir 62 Mitarbeiter und nur noch 11 sind in der Verwaltung", ergänzt Schloddarick, nun Geschäftsführer des Verbandes. In den Anfangsjahren hatte der Verband große Akzeptanzprobleme, denn Wasser war in der Lausitz knapp und die Einsicht zur Abgabe von Beiträgen für den Verband deshalb gering. "Das Wasser ist 50 Meter unter der Erde, die Gräben vertrocknet! Warum sollen wir dann Wasserabgaben leisten", bekamen wir damals oft zu hören, berichtet Schloddarick. Inzwischen ist die Situation eine völlig andere. Immer häufiger wird der Verband angerufen, wenn das Grundwasser steigt und Flächen nicht mehr abtrocknen.
Rainer Schloddarick ist sehr zufrieden mit sich und der Welt: "Ich habe vielleicht nicht immer alles richtig gemacht, aber immer das Richtige gesucht. Ich bin ein Optimist, für mich ist das Glas Wasser immer halb voll!" Erholung findet er auf seinem Grundstück, beim Motorrad fahren oder bei den Fahrradausflügen mit der Familie. Ein besonderes Erlebnis ist für ihn dann der Vater-Sohn-Urlaub, der beide immer in Richtung Osten zieht: "Ich bin ein Fan von Osteuropa und gern dort unterwegs. Mit Sohn Tim haben wir in Litauen Paddelurlaub gemacht. Die Abende am Ufer der Memel beim Lagerfeuer werden uns beiden wohl ein unvergessliches Erlebnis sein!" An Ehefrau und Mutter Sylvia daheim in Byhleguhre haben sie trotzdem häufig gedacht. Durch die Vermietung kann sie im Sommer nicht weg. "Sie freut sich dann schon mal auf den Mann-Frau-Urlaub auf beider Lieblingsinsel, auf Mallorca.
Peter Becker, 26.01.12
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