Stephanie Fittkau

Wirtin der Pohlenzschänke

Zu einem der ältesten Gasthäuser im Herzen des Spreewaldes, der Pohlenzschänke, gelangt der Besucher über die Burger Ringchaussee und über den Polenzweg. „Irgendjemand hat da einfach mal das ‚h‘ eingespart, was zu manchen Irritationen führt: Geht der Polenzweg auch zur Pohlenzschänke?“, erzählt Wirtin Stephanie Fittkau. Die Gaststätte ist ohnehin eine der entlegensten im Spreewald. Für Einheimische und für Rad- und Wassersportler ist das Lokal dennoch oder gerade deswegen ein beliebtes Ausflugsziel – seit Jahrhunderten. Stephanie, Jahrgang 1981, steht nun schon in der dritten Fittkau-Generation der Gaststätte vor.
Während ihre Eltern Gaststätte und Landwirtschaft betrieben, Mutter Gabriele war auch noch Lehrerin in Briesen und Werben, wuchs Stephanie inmitten der Natur und fern jedweder Nachbarn und somit fern von Freundinnen und Freunden auf. Ihre Welt waren die Tiere und Blumen, sie sind es heute noch. Da, wo im Sommer die Ausflügler sitzen, tummeln sich im Winter die Rehe und Hirsche. Der Schulweg war weit, meist nahm sie die Mutter mit dem Auto mit. Später fuhr sie mit dem Fahrrad nach Burg zur Schule. Die wenigen Tage mit intensivem Schneefall genoss sie daheim. Der Polenzweg wurde immer erst sehr spät, manchmal erst nach Tagen, beräumt. Nach der Wende verpachteten die Eltern die Gaststätte.
Je älter sie wurde, desto häufiger half sie im Betrieb mit. Im Sommer, in der Hochsaison, fiel immer beides an: Die Gaststätte forderte vollen Einsatz, die Ernte war einzubringen und das Vieh musste täglich versorgt werden. Stephanie schwang sich da manchmal auf den Trecker und wendete Heu. „Mir war von Anfang an klar, dass ich dieses Leben auch später will. Das kann nur verstehen, wer so geerdet aufgewachsen ist wie ich: Diese Gaststätte werde ich mal übernehmen, hier kriegt mich keiner weg“, blickt sie heute zurück. So kam es letztlich auch. Nach der Köchinnenlehre im Cottbuser Waldhotel arbeitete Stephanie in anderen gastronomischen Einrichtungen und sammelte zahlreiche Erfahrungen. Im Winter war sie oft beschäftigungs-, aber nicht tatenlos: Sie besuchte Existenzgründerseminare und gastronomische Fortbildungen. Am 1. Januar 2008 bekam Stephanie aus den Händen des Vaters die Gaststättenschlüssel und damit auch die Verantwortung für das Traditionsunternehmen. „Es gibt Dinge, die kann und muss ich nun selbst verantworten. Manches liegt außerhalb meiner Macht. Das sind besonders die stark schwankenden Wasserstände im Fließ, die manchmal den Fährleuten die Anreise zu uns erschweren. So etwas ärgert mich!“ Die große Wetterabhängigkeit der entlegenen Gaststätte führt manchmal zu Gästeschwund, manchmal auch zu enormen Zustrom. „Es gibt Tage, zum Verzweifeln - und Tage zum Geldverdienen. Die werden dringend gebraucht, schließlich haben wir nur ein halbes Jahr geöffnet“, berichtet Stephanie Fittkau über ihre ersten Jahre in der Selbstständigkeit. Die Gastronomin weiß, dass niemals alle und in allem zufriedengestellt werden, zu unterschiedlich sind Anspruch und Erwartung.
Der Küchenchef, der sein 21. Jahr in der Pohlenzschänke kocht, ist kreativ und sein selbstgepökelter Pökelkamm in Meerrettichsoße ist der Renner unter Kennern. Kenner der Gaststätte feiern in der Pohlenzschänke gern auch ihre Familienfeste. „Wir stören hier keine Nachbarn, nur die Jäger muss ich informieren. Ich schicke denen eine E-Mail, damit sie mal einen Abend zu Hause bleiben können“, gibt die Chefin verschmitzt preis. Jäger und Fischer sind ihre Partner für die Küche, so manches Gemüse und Kraut kommt aus dem eigenen Garten. Frischer Wildbraten ist nicht selten auf dem Tisch. Die Fischer legen mit ihrem Kahn an, wenn sie mal was über den Eigenbedarf gefangen haben. Was nicht gleich frisch verbraucht wird, landet in der Tiefkühltruhe. Die Chefin plant Veränderungen und Renovierungen nach Dringlichkeit und vor allen Dingen nach Möglichkeit. „Ich bin Arbeitgeberin von sieben Saisonkräften und fühle mich denen gegenüber verpflichtet. Es nützt gar nichts, Kredite aufzunehmen, wenn ich sie nicht bedienen kann. Und ich sehe mich in der Verantwortung meiner Familie. Die Pohlenzschänke gibt es schon seit Jahrhunderten – und sie soll es weiterhin geben. In ihr steckt jetzt schon viel meines Herzblutes!“ Stephanie Fittkau klingt überzeugt und entschlossen, sie ist sich ihrer Verantwortung bewusst und lebt sie vor. Zeit für Familie und Kind hat sie noch nicht gefunden, aber auch das wird sich fügen. Die junge Chefin geht alles in Ruhe an.

Peter Becker/peb1, 25.04.13

 

Alle Originale