Thomas Jacob

Thomas Jacob, Glietz

  • Regisseur
  • Drehbuchautor


Am Anfang war die Bühne, eine Puppenbühne. Vater Hermann-Walter Jacob schenkte Weihnachten 1949 seinem sechsjährigem Sohn Thomas eine Puppenbühne, die der gelernte Dekorateur selbst gebaut hatte. Und er ahnte nicht, was er damit auslösen sollte. Auf dem Dachboden im heimatlichen Großenhain war genügend Platz für reichlich Publikum, für Kinder aller Altersgruppen, die der Junge mit seinem immer besser werdenden Puppenspiel dann auch immer zahlreicher anzog. Er ging in der Welt der Puppenspieler auf – zehn Jahre lang, eine Zeit, in der Gleichaltrige schon ganz andere Interessen hatten. Privater Schauspielunterricht sollte ihn schon während der Schulzeit auf den Beruf seiner Träume vorbereiten, doch der Vierzehnjährige fiel glatt durch die Aufnahmeprüfung. Der Vater war ohnehin der Meinung, dass er vielleicht doch lieber erst mal was „Ordentliches“ lernen sollte und vermittelte ihm eine Lehrstelle als Elektriker. Mit dem Facharbeiterbrief in der Tasche begann seine berufliche Karriere dann doch am Theater. In der Weimarer Schauspielstätte wurde ein Beleuchter gesucht, aber Thomas sah dies eigentlich nur als Sprungbrett, als Einstieg in die so sehr geliebte Theaterwelt. „Da gab es plötzlich und ganz zufällig ein für mich historisches Gespräch mit Walter Felsenstein, der meinen Wunsch nach einer Regieassistenz mit den Worten  ‚Kaffeeholer und Drehbuchhalter habe ich schon genug‘ abtat, aber mir gleichzeitig eine Stelle als Beleuchter anbot“, erinnert sich Thomas Jacob heute noch sehr gut. So kam er 1965 an die Komische Oper nach Berlin, erste Gastspiele führten ihn mit dem Ensemble nach Moskau, anschließend sollte es nach Venedig gehen. „Damals spielte ich, wie schon in Weimar, erneut mit dem Gedanken, die Republik zu verlassen, diesmal sollte es aber klappen.“ Es klappte nicht mit dem Gastspiel, jedenfalls nicht für ihn. Für ihn war eine andere „Rolle“ vorgesehen: Die plötzliche Einberufung zum Wehrdienst machte alle Fluchtpläne zunichte. In der Truppe stieg er schnell zum Kulturobmann auf, er organsierte Veranstaltungen und Wettbewerbe. Dies ersparte ihm den Dienst an der Grenze, wofür er eigentlich einberufen worden war.
Nach Wehrdienst und anschließendem Regie-Studium an der Potsdamer Filmhochschule ging es dann mit der Karriere bergauf. Seinen ersten Film drehte er mit Rolf Hoppe und Traudel Kulikowski, ein Film aus der Serie „Polizeiruf“. „Die Rechnung geht nicht auf“, so der beziehungsreiche Titel seines Erstlingswerkes, dem noch viele folgen sollten. Seine ganz private Rechnung ist aber aufgegangen, er zählte bald zu den erfolgreichsten Regisseuren des Landes. Bis zur politischen Wende. Plötzlich arbeitslos, musste er sich nach einem neuen Job umsehen. Viele Ideen wurden in dieser Zeit geboren und verworfen. Eine hielt sich etwas länger: 1984 hatte er in Glietz am nördlichen Spreewaldrand ein Grundstück erworben und wusste um die Abwasserprobleme in den Dörfern, deren Grundstücke nur selten an zentrale Entsorgungsleitungen angeschlossen waren. Thomas Jacob wollte eine Entsorgungsfirma gründen und allen Ernstes seinen Filmberuf an den Nagel hängen. Fast wäre es auch dazu gekommen, wenn nicht im letzten Moment ein Anruf aus München gekommen wäre. Dort suchte man einen erfahrenen Regisseur - für die „Bergdoktor-Serie“. Glücklich nahm er das Angebot an, viele solcher Angebote sollten dann noch folgen. Inzwischen Rentner, muss er nicht mehr alles machen, er kann es sich leisten, die Jobs auszuwählen. Zum Glietzer Ortsvorsteher gewählt, hat er auch Zugang zur Politik und kämpft mit vielen Mitstreitern gegen den Wildwuchs der Windkraftanlagen. „Uns stört die mangelnde Sorgfalt im Umgang mit der Brandenburger Kulturlandschaft, diese Anlagen zerstören Dorfstrukturen und mindern letztlich die Lebensqualität. Wir sind nicht gegen Windkraft, auch wir sind für alternative Energiegewinnung, aber wir möchten einen 1,5 Kilometer breiten Abstand zum bebauten Gebiet“, beschreibt er die Ziele der extra dafür gegründeten Volksinitiative. Es wurden 28000 Unterschriften gesammelt, Petitionen übergeben und es erfolgte auch eine Anhörung im Potsdamer Landtag. „Leider ist unser Wirken bisher nicht von großem Erfolg gekrönt, zu stark sind wirtschaftliche und politische Interessen verflochten, in diesem Land geht es nur um Profitmaximierung“, lautet seine bittere Einschätzung.
Wenn er nun auch eine neue Aufgabe in der Kommunalpolitik und im Verein gefunden hat, so hängt sein Herz immer noch am Film. „Ich bin stets auf dem Sprung, jeden Moment kann das Telefon klingeln und mich zu einer neuen Aufgabe rufen!“ Erst kürzlich hat er „Die Hüttenwirtin“ (mit Tina Plathe, August Schmölzer und Michael Roll) abgedreht, der im Mai 2010 ausgestrahlt werden soll. Damit ist er jetzt auf über 70 Filme gekommen, auch zahlreiche Serien entstanden unter seiner Regie.
Seine beiden erwachsenen Söhne gehen inzwischen auch ihre Wege, Sebastian ist „noch auf der Suche“, während Nikolas Jacob ebenfalls Drehbuchautor ist und sicher vom erfahrenen Vater, der nach der Scheidung nun allein in Glietz lebt, Tipps bekommen  könnte – wenn er sie denn wollte. „Aber Nikolas ist gut genug und verfolgt eigene ehrgeizige Ziele!“
In den nächsten Wochen steht eine weniger schöne Aufgabe an, die Haushaltsauflösung in seinem Großenhainer Elternhaus. Er weiß dort immer noch die Puppen auf dem Boden: „Die werde ich unbedingt mitnehmen, vielleicht kann ich damit mal meinen Enkeln vorspielen.“

Peter Becker, 21.12.09

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