Ursula und Frank Nopper

Malerin, Korbflechter, Pensionswirte aus Lübbenau


„Du sollst mir doch nicht immer über die Schultern schauen!“, tönt Ursula Nopper in Richtung ihres Gatten Frank. Der konnte es wieder einmal nicht lassen und wollte seiner Uschi, wie er sie liebevoll nennt, nur mal ein paar Tipps geben. Tipps, wie sie das eine oder andere Detail malen sollte oder noch besser in Szene setzen könnte. Dabei hat sie es gar nicht nötig, ihre Malkunst ist unübertroffen. Detailgetreu zeigt sie ihre Spreewälder Heimat. Urlauber, die ihre Bilder bei der Anreise in die Pension Nopper in der Lübbenauer Bergstraße sehen, denken sich so ihren Teil – wie sie später bei der Abreise erst gestehen. „Wir dachten, na da hat die Pensionswirtin ganz schön übertrieben, so paradiesisch wie auf den Bildern wird es schon nicht sein. Aber wir wurden eines Besseren belehrt, im Spreewald ist es wirklich so, manchmal sogar noch schöner!“
Die Pensionspflichten einerseits, die Pflichten gegenüber den vielen Haustieren, aber vor allen Dingen das Leben in einer einmaligen Natur, lässt die beiden von jeglichem Auslandsurlaub Abstand nehmen. Sie schwärmen für ihren Spreewald und werden nicht müde, diese Liebe auch ihren Urlaubern, darunter viele Stammgäste, zu vermitteln.
Begonnen hatte diese Spreewaldliebe mit einer ganz normalen Liebe zwischen zwei Menschen. Die 1949 in Treuenbrietzen Geborene kam 1962 mit den Eltern nach Lübbenau. Der Vater hatte Arbeit im BKW Jugend gefunden, die Mutter arbeitete als Schneiderin. Ursula besuchte die Schule und arbeitete danach in der Gärtnerei Nopper. Gärtnersohn Frank, nur ein Jahr älter, warf ein Auge auf die Neue und verliebte sich. Er musste bald zum Grundwehrdienst, Klein- Frank kam 1967 auf die Welt. „Wir hatten bei unseren Kindern irgendwie ein Namensproblem. Der Sohn kam, und wir hatten noch keinen Namen. Da musste der des Vaters her“, erzählt Ursula Nopper, die damals gerade 18 Jahre alt war. Das zweite Kind, zwei Jahre später, sollte ja wieder ein Junge werden, wie die beiden fest überzeugt waren. Diesmal waren sie besser vorbereitet. Als dann ein Mädchen das Licht der Welt erblickte, musste wieder schnell ein Name gefunden werden. Ursula hatte in den Wochen vor der Entbindung Lieselotte Welskopf-Henrich „Das Blut des Adlers“ gelesen und den Namen Queenie so schön gefunden. Also sollte die Tochter so heißen - so der schnelle Plan. Dem Standesamt genügte der Wunsch allein nicht, es musste noch eine Urkunde als Namenszulassung vom Bibliografischen  Institut Leipzig her. Nach den leichten Wirren des Anfangs regelte sich ihr Leben ein. Beide arbeiteten in der Gärtnerei von Franks Eltern, die sie 1971 übernahmen und 1991 wieder aufgaben. Ursula legte nach der Geschäftsübernahme ihre Facharbeiterprüfung als Gärtnerin/Floristerkerin ab, Frank machte seinen Gärtnermeister. Nach der Geschäftsaufgabe widmeten sich beide ihrer neu geschaffenen Pension, und Frank fuhr bei den Spreewaldfreunden e.V. Kahn. Das gab er Jahre später auf, zu sehr hatte er sich über manche Gäste geärgert. Diese hatten selten einen Blick für die Landschaft, eher mehr für die Gläser auf dem Tisch vor ihnen. Sie wollten Franks Erzählungen über seine Heimat gar nicht hören, sondern erzählten von ihren Reisen in ferne Länder und was dort alles so toll sei. Das wollte er sich nicht länger antun. Für ihn gab es auch daheim zu tun: Das riesige Grundstück an der Kamske musste unterhalten werden, Gattin Ursula brauchte in der Pension Unterstützung und im Winter hatte Frank Nopper ohnehin genügend Arbeit: Er ist leidenschaftlicher Korbflechter und stellt die ungewöhnlichsten Behältnisse her. Sein mannshoher Kaminholzkorb hat sogar Rollen, denn zum Tragen wäre er zu schwer. Gelernt hat er das bei Albert Lowka, am anderen Ende der Bergstraße.
Ursula Nopper hat erst in den letzten Jahren wieder den Weg zu Pinsel und Staffelei gefunden. Schon als Jugendliche hatte sie gemalt und darin ihren Ausgleich gefunden. „Ich hatte später eine Malblockade und 15 Jahre nichts gemacht. Ich dachte, ich kann das nicht mehr und wollte mir dieses Negativerlebnis ersparen. Nicht mal Mann und Kinder konnten mich überreden“, blickt sie zurück. Was ihre Familie nicht geschafft hat, schaffte eine malende Urlauberin aus Schleswig-Holstein. „Die malte einfach so, hatte das modernste Material, von dem wir zu DDR-Zeiten nur träumen konnten. Ich schaute ihr zu, sie kümmerte sich nicht weiter um mich, lediglich ein paar aufmunternde Worte kamen aus ihrem Mund.“ Das Malfieber ergriff sie wie aus heiterem Himmel und mit voller Wucht. Wie, als wären 15 Jahre aufzuholen, griff sie wieder zu Pinsel, Farbe und Leinwand und malte sich all die schönen Bilder der letzten Zeit von der Seele. Kaum noch eine Ecke in ihrem Haus ist unbehangen, überall strotzt Spreewald in allen Facetten von den Wänden. Dazwischen, wie eine Ausnahme, ihr lächelnder Gatte, als Porträt und sehr gelungen. „Als Model konnte er mir wenigstens nicht über die Schulter schauen, da konnte ich in Ruhe malen.“ Wenn sie gerade mal nicht malt, was eher selten ist, kümmert sie sich um die beiden Ponys Wendy und Kessy auf dem Hof, schaut im Sommer nach dem hofeigenen Storchennest, mit dabei Kartäuserkatze Bonny, wenn sie nicht grad quer über den Ehebetten liegt und ein Dauergastkater vom Nachbarhof. „Tiere sind uns sehr wichtig. Sie geben uns innere Ruhe, verlangen aber auch Pflichterfüllung und Fürsorge. Sie passen zu unserer Spreewaldliebe“, fasst Frank zusammen. Noch nicht ganz verwunden haben sie den Verlust ihres geliebten Kakadus. Wegen dessen ständiger Ruferei zu ziemlich ungewöhnlichen Zeiten, wollten sie es sich nicht mit Nachbarn und Urlaubern verärgern. Die Noppers beschlossen, den lauten Vogel dem Tierpark zu übergeben. Als der Pfleger vom Tierpark kam, flog der Vogel einfach auf und ward nie mehr gesehen. „Das macht uns immer noch zu schaffen, weil wir nicht wissen, wie sich sein Schicksal gestaltet hat. Wir nehmen unsere Tiere nun noch ernster und sorgen für ihr Wohlergehen, kein Tier wird je mehr den Hof verlassen müssen“, haben beide ihre Schlussfolgerung gezogen.

 

Peter Becker, 07.01.13

 

 

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